Europäische Zentralbank:Bitte nicht wie Amerika!

Der größte Gläubiger der USA ist die amerikanische Notenbank. Doch das Modell ist zweifelhaft und taugt nicht für Europa. Die EZB um ihren Chef Jean-Claude Trichet sollte den Kauf von Staatsanleihen begrenzen.

Helga Einecke

Die amerikanische Zentralbank rückt gerade zum größten Gläubiger der Vereinigten Staaten auf. Sie kaufte bereits Staatsanleihen im Wert von umgerechnet 900 Milliarden Euro und will noch mehr. Damit finanzieren sich die USA überwiegend selbst. Der Staat verschuldet sich, die Notenbank kauft die Schulden auf. Ob die globale Wirtschaftsmacht auf diese Weise die lähmenden Folgen der Finanzkrise abschütteln kann, darf bezweifelt werden. Schon gar nicht taugt dieses Modell für Europa.

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Wie verhält sich EZB-Chef Jean-Claude Trichet bezüglich des Kaufes neuer Staatsanleihen?

(Foto: REUTERS)

Zwar setzte EZB-Präsident Jean-Claude Trichet mit der Mehrheit seines EZB-Rats während der Griechenland-Krise auch durch, Staatsanleihen zu kaufen. Es handelte sich um ein Zugeständnis an die Märkte und die Regierungschefs der Euroländer. Die Notenbank wollte ein wenig Schützenhilfe geben. Bei dem "ein wenig" ist es zum Glück geblieben. 67 Milliarden Euro hat die EZB bisher für den Kauf griechischer, irischer und portugiesischer Anleihen aufgewandt, also einen Bruchteil der amerikanischen Summe. Dabei sind die beiden Wirtschaftsräume in ihrer Größe durchaus vergleichbar.

An diesem Donnerstag muss die Mannschaft um Trichet bei den Beratungen des EZB-Rats erneut Farbe bekennen. Wie lautet ihr Beitrag zur Beilegung der Krise im Euroraum? Inzwischen hat die Krise eine neue Dimension erreicht. Nach Griechenland musste Irland Hilfen in Anspruch nehmen. An den Märkten wird darüber spekuliert, ob Portugal, Spanien, Italien, ja sogar Belgien ebenfalls unter den 750 Milliarden Euro umfassenden Rettungsschirm kriechen müssen. Für alle diese Länder würde der Schirm wohl nicht reichen.

Der Schirm ist ein Segen

Dennoch ist es ein Segen, dass dieser Schirm im Mai aufgespannt wurde. Denn die Hilfen für die überschuldeten Euroländer sind an Auflagen geknüpft. Sie fließen nur dann, wenn sich die Regierungen der Empfängerländer an diese Auflagen halten. Die Griechen und die Iren müssen sparen, die Bürger dieser Länder länger arbeiten, mehr Steuern zahlen. In jedem Land sind die Schwierigkeiten anders gelagert. Die Griechen haben bei der Statistik geschummelt, die Iren ein Steuerparadies mit überdimensionierten Banken geschaffen. Die Auflagen des Rettungsschirms zwingen sie dazu, falsche Anreize zu streichen und Fehlentwicklungen umzudrehen.

Würde die EZB die Staatsanleihen derjenigen Länder in großem Stil kaufen, die über ihre Verhältnisse gelebt haben, wäre das kontraproduktiv. Regierungen könnten das als Einladung missverstehen, die alten Schlampereien aufrechtzuerhalten, sich keine neuen ehrgeizigen Ziele zu setzen. Der Kauf von Staatspapieren durch die Notenbank - man kann auch von Gelddrucken reden - führt nicht aus der Schuldenspirale heraus, sondern verlagert die Schulden in die Bücher der EZB. Außerdem wandern die Schulden einzelner Länder in einen gemeinsamen Topf.

Leben mit Nebenwirkungen

Die europäische Notenbank darf aber auch nicht tatenlos zusehen, wenn die Finanzmärkte verrückt spielen. Sie muss für Stabilität sorgen. Das tut sie schon lange, indem sie den Banken seit Ausbruch der Krise so viel Geld zur Verfügung stellt, wie sie haben wollen. Das hat auch unangenehme Nebenwirkungen, wenn zum Beispiel die Banken das Geld in Spekulationen stecken statt in die Kreditvergabe oder wenn sie kurzfristiges Geld abrufen und es über lange Laufzeiten weiterverleihen. Mit diesen Nebenwirkungen muss die EZB länger leben, als ihr lieb ist. Denn eigentlich wollte sie an diesem Donnerstag verkünden, dass nun Schluss ist mit der Zeit des billigen Geldes, sie wollte den Geldhahn ein wenig zudrehen.

Das wird ihr angesichts der Spannungen am Markt der Staatsanleihen nicht gelingen. Sie muss die maroden Banken, die es nicht nur in Irland, sondern auch in Deutschland gibt, über ihre günstige Finanzierung eine Weile mitschleppen. Wie die Beispiele einiger Landesbanken lehren, lassen sich die Müllhalden der Finanzbranche nur über eine längere Zeitstrecke abbauen.

Es ist bei den Banken nicht anders als bei den Staaten. Sparen und Schrumpfen findet nur auf Druck und mit Ansage statt. Alleine aber kann die Notenbank die Banken und die Währung nicht retten. Sie muss für ihren Kurs die Bürger und die gewählten Politiker gewinnen. Das ist in einem Währungsraum mit 16 teils starken, teils schwachen Regierungen ein schwieriger Prozess. Aber er ist wichtig.

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