Wohnen - Berlin:Keine Lösung im Koalitionsstreit um Mietendeckel: Annäherung

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Berlin (dpa/bb) - Der Streit von SPD, Linke und Grünen in Berlin um den geplanten Mietendeckel ist noch nicht entschärft. Bei einer rund sechsstündigen Sitzung des Koalitionsausschusses am Donnerstag gelang es den drei Parteien nicht, ein Kompromisspaket zu schnüren. Allerdings näherten sie sich in etlichen Fragen an, wie die Deutsche Presse-Agentur am Abend von Teilnehmern erfuhr. Für Freitag 13.00 Uhr beraumten sie ein neues Treffen an.

"Wir sind kurz vor einem Abschluss. Letzte Details müssen morgen noch geklärt werden", erklärte Vize-Regierungschefin und Wirtschaftssenatorin Ramona Pop (Grüne). "Ich bin zuversichtlich, dass wir nun eine Regelung finden, um die Berlinerinnen und Berliner wirkungsvoll gegen überhöhte Mieten zu schützen." Die Grünen hätten "mit Nachdruck" auf Kompromissbereitschaft aller Beteiligten gesetzt.

"Aus Sicht der Fraktion können wir uns auf einen Mietendeckel einigen", sagte SPD-Fraktionschef Raed Saleh der dpa. "Das sind wir den Berlinerinnen und Berlinern schuldig." Ihm sei wichtig, dass Berlin für alle Bewohner bezahlbar bleibe. "Wir sind einer Lösung sehr nahe", sagte ein andere Beteiligter der dpa.

Einig sind sich alle Beteiligten schon länger darin, dass die Mieten von rund 1,5 Millionen vor 2014 erbauten Wohnungen wegen zuletzt starker Aufschläge und zunehmenden Mangels an bezahlbarem Wohnraum fünf Jahre eingefroren werden sollen. Strittig waren allerdings Detailfragen, die seit Wochen für schlechte Stimmung in der Koalition sorgen.

So stellte sich die SPD mit Regierungschef Michael Müller zum Ärger von Linken und Grünen gegen die Idee, abhängig vom Einkommen zusätzlich Mietkürzungen zu ermöglichen und damit in bestehende Mietverträge einzugreifen.

Auch eine Festlegung von Mietobergrenzen ohne Berücksichtigung der Lage wollte die SPD nicht mittragen. Solche Grenzen kämen - so die bisherige Idee - bei Mietsenkungen zum Tragen oder dürften bei Neuverträgen nicht überschritten werden. Zu beiden Punkten gibt es nach dpa-Informationen noch keine endgültige Lösung. Auch nicht dazu, ob diese womöglich später als der eigentliche Mietendeckel in Kraft treten.

Einigkeit soll nach Angaben aus der Verhandlungsrunde hingegen in der Frage des "atmenden Mietendeckels" bestehen: Vermieter sollen demnach einen festen Inflationsausgleich von jährlich 1,3 Prozent geltend machen können. Für Modernisierungen sollen sie einen Euro je Quadratmeter auf die Miete aufschlagen können.

Der Koalitionsstreit über den bundesweit bisher einmaligen und von der Wohnungswirtschaft vehement abgelehnten Mietendeckel schwelt seit Wochen. Nun läuft den Koalitionären langsam die Zeit davon: Nach bisherigen Plänen soll der Mietendeckel im Januar 2020 rückwirkend zum 18. Juni 2019 in Kraft treten - an dem Tag hatte der Senat erste Eckpunkte beschlossen. Um diesen Zeitplan zu halten, müsste der Senat den Gesetzentwurf am kommenden Dienstag beschließen. Danach wäre das Abgeordnetenhaus am Zug.

Hintergrund für die Pläne ist der angespannte Wohnungsmarkt in der Hauptstadt. In manchen Stadtteilen haben Normalverdiener kaum noch eine Chance, eine bezahlbare Bleibe zu finden. Die Mieten für freie Wohnungen haben sich innerhalb von zehn Jahren laut Bundesbauministerium auf durchschnittlich 11,09 Euro je Quadratmeter nettokalt im Jahr 2018 verdoppelt. Und der Trend hält an: Für 2019 kommt das Portal Immowelt im Mittel auf 11,60 Euro.

Der Mietanstieg in Berlin ist damit stärker als anderswo in Deutschland. Das sorgt für viele aufgeheizte Debatten in der Stadt, eine Initiative hat sogar ein in Deutschland bisher einmaliges Volksbegehren für die Enteignung großer Wohnungskonzerne angestrengt. Allerdings liegt Berlin mit seinem Mietniveau noch hinter anderen deutschen Großstädten wie München, Hamburg oder Stuttgart. Laut aktuellem Mietspiegel, in den auch Bestandsverträge einfließen, zahlen Berliner eine Durchschnittsmiete von 6,72 Euro.

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