Bevölkerung - Berlin:Diskriminierung von Roma: So viele gemeldete Fälle wie nie

Bevölkerung - Berlin: Geflüchtete aus der Ukraine sitzen in einer Anlaufstelle am Berliner Hauptbahnhof. Foto: Joerg Carstensen/dpa/Archivbild
Geflüchtete aus der Ukraine sitzen in einer Anlaufstelle am Berliner Hauptbahnhof. Foto: Joerg Carstensen/dpa/Archivbild (Foto: dpa)

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Berlin (dpa/bb) - Beschimpfung, Ausgrenzung, Vorurteile: Die Zahl der gemeldeten Fälle von Diskriminierung gegen Sinti und Roma in Berlin ist deutlich gestiegen. 225 Fälle hat die Meldestelle Dosta nach eigenen Angaben im vergangenen Jahr dokumentiert, 53 Prozent mehr als 2021. Auch aus der Ukraine angekommene Geflüchtete mit tatsächlichem oder angenommenem Roma-Hintergrund hätten Nachteile erfahren, berichteten die Experten des Amaro Foro.

Der Verein hatte die Dokumentationsstelle Antiziganismus (Dosta) 2014 eingerichtet und seither insgesamt 1289 Fälle dokumentiert. Davon fallen 372 in die Jahre 2021 und 2022. Die Zunahme der Meldefälle hängt nach Einschätzung des Vereins damit zusammen, dass Antiziganismus mehr im politischen Fokus steht. Die Dunkelziffer bleibe aber hoch. Zudem hätten Krieg und Krise den Antiziganismus verstärkt.

"Seit Beginn des russischen Angriffskrieges beobachten wir, dass aus der Ukraine geflüchtete Rom*nja nicht als Schutzsuchende, sondern als illegitime Geflüchtete markiert werden", erklärte Projektleiterin Violeta Balog. "Als Rom*nja gelesene Menschen werden in Unterkünften benachteiligt, von Versorgungsstrukturen und häufig vom Bildungssystem ausgeschlossen und erfahren in der Öffentlichkeit und in den Medien vermehrt antiziganistische Anfeindungen oder gar Übergriffe."

Die Dokumentationsstelle bezieht sich unter anderem auf Berichte von Betroffenen und Helfern am Berliner Hauptbahnhof. Wie viele aus der Ukraine Geflüchtete einen Roma-Hintergrund haben, ist den Angaben zufolge nicht erfasst.

Auch in der Ukraine selbst und in Ungarn würden Sinti und Roma auf der Flucht vor dem Krieg diskriminiert, berichtete der Antiziganismusbeauftragte der Bundesregierung, Mehmet Daimagüler, von einer Reise in beide Länder. "Die Situation war in jeder Hinsicht schlimmer, als ich es mir vorgestellt hatte", schrieb Daimagüler in einem Beitrag für die Dokumentationsstelle. "Geflüchtete Roma sind weitgehend auf sich selbst gestellt. Innerhalb der Ukraine sind sie auf jeder Etappe ihrer Flucht rassistischer Diskriminierung und Benachteiligung ausgesetzt."

Er forderte die Bundesregierung auf, bei der ukrainischen Regierung der Benachteiligung entgegenzuwirken. Zivile Hilfe solle möglichst direkt an Roma-Selbstorganisationen gehen, forderte Daimagüler.

© dpa-infocom, dpa:230329-99-129941/2

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