Fechten:Fechter-Appell: Russische Athleten noch nicht zulassen

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Fechterinnen und Fechter aus der Ukraine werden in der Olympia-Qualifikation nicht gegen Russen und Belarussen antreten. Foto: Federico Gambarini/dpa (Foto: dpa)

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Berlin (dpa) - Deutschlands Säbel-Nationalmannschaft hat beim letzten Weltcup vor der Rückkehr russischer Athletinnen und Athleten überzeugen können. Raoul Bonah (24), Lorenz Kempf (26), Matyas Szabo (31) und Frederic Kindler (24) mussten sich am Wochenende im Finale von Budapest nur dem Serien-Sieger Südkorea knapp geschlagen geben.

In Richtung Paris 2024 wird es also ernst für die Fechterinnen und Fechter - nach der Pro-Russland-Entscheidung des Weltverbandes nicht nur sportlich. 

"Die Säbel-Mannschaft macht die Olympia-Quali mit und boykottiert die Wettkämpfe mit russischer Beteiligung nicht. Wenn wir nicht antreten, würden wir es den Russen ja noch einfacher machen, zu Olympia zu kommen. Die Pro-Russland-Entscheidung lag ja nicht in der Hand der Athleten", sagte Athletensprecher Leon Schlaffer. "Die Athleten hätten sich eine andere Entscheidung der FIE gewünscht", sagte er zum Beschluss des Weltverbandes.

Kritik auch von Athleten Deutschland

Wenn Russen und Belarussen wieder auf der Planche stehen, wird die Ukraine die Wettkämpfe boykottieren. Und auch der eine oder andere deutsche Fechter will nicht antreten - auch wenn alle Kaderathleten mit realistischen Olympia-Chancen fechten werden. "Es steht jedem frei zu sagen, ich boykottiere, ich kann das nicht verantworten gegen Russen und Belarussen zu kämpfen", sagt der 22 Jahre alte Schlaffer. Das müsse man akzeptieren. "Aber der Sportler darf nicht benachteiligt werden und aus dem Kader fliegen. Das darf nicht passieren und das wird nicht passieren - das hat der Verband versprochen."

Kritik äußerte auch Athletenvertreter Maximilian Klein. "Wegen dieser Passivität und Verantwortungslosigkeit der Verbände sind es wieder einmal die Athleten, auf denen Verantwortung abgeladen wird und die zu individuellen Abwägungen über Boykottentscheidungen gedrängt werden", sagte der Direktor Sportpolitik von Athleten Deutschland.

Die Geschehnisse in der klassischen olympischen Sportart könnten eine Blaupause für die Olympischen Spiele in Paris 2024 sein. Das Internationale Olympische Komitee strebt in dieser Woche bei seinem Meeting in Lausanne die Rückkehr von Athletinnen und Athleten aus Russland und Belarus auf die internationale Sportbühne unter neutraler Flagge an.

Im Gegensatz zu den Leichtathleten um Präsident Sebastian Coe hat der vom russischen Oligarchen Alischer Usmanow finanzierte Fecht-Weltverband bereits am 10. März die Kehrtwende vollzogen und in einem mit großer Mehrheit getroffenen Beschluss Russen und Belarussen die Teilnahme an der Olympia-Qualifikation erlaubt. 

"Ich würde mir wünschen, dass man sagt: Es ist noch zu früh, dass die Russen zurückkommen dürfen - auch im Hinblick auf die Olympia-Quali", sagte Schlaffer an die Adresse von IOC-Präsident Thomas Bach, dem Fecht-Olympiasieger von 1976.  "Ich hoffe, dass das IOC bei den Entscheidungen bleibt, die getroffen wurden. Die Lage hat sich ja nicht verändert, sie hat sich eher noch verschlechtert", sagte der Säbelfechter. 

Keine Fecht-Weltcups mehr in Deutschland

Im Kampf um die Olympia-Qualifikation verzichten Deutschlands Fechter auf den Heimvorteil - Weltcup-Veranstaltungen  in Deutschland werden bis auf Weiteres, auch mit Unterstützung der Sportler, nicht mehr stattfinden. Die Abstimmung unter den Kaderathleten in der Frage sei ziemlich klar gewesen, sagte Schlaffer.

Unklar dagegen ist das Abstimmungsverhalten der DFB-Präsidentin. Seit der Pro-Russland-Entscheidung wird über das Veto der früheren Spitzenfechterin Claudia Bokel beim FIE-Entscheid spekuliert - die 49-Jährige hat sich dazu noch nicht geäußert. "Auch der aus Steuermitteln finanzierte Fechter-Bund sollte sich nicht aus der Verantwortung stehlen und zumindest transparent darlegen, ob, wie und warum er zur Rückkehr Russlands in den Weltsport beigetragen hat", fordert Klein.

© dpa-infocom, dpa:230327-99-99626/3

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