Rettungsdienst:Behutsamer Transport: Erster Baby-Notarztwagen für Thüringen

Lesezeit: 2 min

Notfallsänitäterin Britta Grunert demonstriert die Behandlung eines Säuglings in einem Notarztwagen. (Foto: Bodo Schackow/dpa)

Erschütterungen und Lärm können für Frühgeborene fatale Auswirkungen haben. In Thüringen nimmt jetzt deshalb ein Baby-Notarztwagen den Betrieb auf, in dem die Kleinen schonend transportiert werden können.

Direkt aus dem dpa-Newskanal

Jena (dpa) - Sehr kleine Frühgeborene sollten eigentlich gar nicht transportiert werden. Und dennoch sei genau das manchmal notwenig, sagte der kommissarische Leiter der Kinderklinik am Jenaer Uniklinikum, Hans Proquitté, am Donnerstag. Wenn das Baby am Ort der Geburt nicht optimal versorgt werden könne, müsse es zügig an die Spezialabteilung einer Kinderklinik verlegt werden - wie zum Beispiel die am Uniklinikum in Jena.

Thüringens ersten Baby-Notarztwagen bezeichnete der Mediziner als „neuen Meilenstein“ in der Versorgung von Frühgeborenen und schwer erkrankten Neugeborenen im Freistaat. Das von der Björn Steiger Stiftung entwickelte und finanzierte Spezialfahrzeug „Felix“ wurde am Donnerstag in Jena offiziell an seine zukünftigen Nutzer überreicht.

„Für alle unbefriedigend“ bezeichnete der Ärztliche Leiter des Rettungsdienstes der Stadt Jena, Sebastian Lang, die bisherige Situation. Die Arbeitsbedingungen bei den Transporten von Babys in herkömmlichen Rettungsfahrzeugen seien nicht optimal gewesen. Um dies zu ändern, hatte er bereits 2017 erste Kontakte zur Björn Steiger Stiftung geknüpft.

Dank der Zusammenarbeit zahlreicher Akteure biete das neue Fahrzeug den betroffenen Kindern in Thüringen jetzt „beste Versorgungsmöglichkeiten für einen guten Start ins Leben“, sagte Lang. Die 1969 gegründete Björn Steiger Stiftung verfolgt das Ziel, die Notfallhilfe in Deutschland zu verbessern. Der erste von ihr entwickelte und finanzierte Baby-Notarztwagen wurde 1974 in Stuttgart in Betrieb genommen.

Der Transport von Frühgeborenen ist aus Medizinersicht besonders kritisch, weil die beim Anfahren und Abbremsen wirkenden Kräfte im schlimmsten Fall Hirnblutungen verursachen könnten. Um diese Gefahr zu verringern, ist der mobile Brutkasten im speziell gefederten „Felix“ quer zur Fahrtrichtung angeordnet. Fahrgeräusche sind dank schallabsorbierender Elemente im Inneren des Wagens kaum zu hören. Eine Fahrt mit wenig Lärm und Erschütterung könne „lebensentscheidend für die Zukunft dieser kleinen Kinder“ sein, sagte Proquitté.

Weil „Felix“ losgelöst von sonstigen Notfalltransporten im Einsatz ist, fallen Wartezeiten auf ein verfügbares Fahrzeug in Zukunft weg. Damit der Baby-Notarztwagen rund um die Uhr sofort einsatzbereit sein kann, hat die Betreibergesellschaft Pro Life Ambulance zwei zusätzliche Stellen geschaffen. Sobald an ihrem Standort in Jena-Nord ein Anruf eingeht, holt das Team die Experten vom Uniklinikum für die notwendigen Fahrten ab. Kleine Patienten werden nicht nur aus Apolda, Gera oder Saalfeld nach Jena verlegt, sondern von dort aus auch zu weiteren Spezialkliniken beispielsweise in Leipzig oder Berlin.

Rund 200 dieser Fahrten pro Jahr sind in Thüringen notwendig, schätzt Rettungsdienstleiter Lang. Angesichts von drohenden Schließungen von Geburtsstationen rechnet er damit, dass die Zahl der Transporte weiter zunehmen wird. „Und das, obwohl die Geburtenzahlen zurückgehen.“ Ideal wäre es, so Lang, wenn alle drei auf die Behandlung von Frühgeborenen spezialisierten Zentren in Thüringen mit einem Baby-Notarztwagen ausgestattet werden könnten.

Zum 1. Mai soll das neue Fahrzeug in den Regelrettungsdienst des Freistaats aufgenommen werden, wie ein Vertreter des Innenministeriums am Donnerstag ankündigte. „Damit ist Thüringen fast allen Bundesländern weit voraus“, betonte Pierre-Enric Steiger, Präsident der Björn Steiger Stiftung. Lediglich in Hessen sei seinen Angaben zufolge bisher ein Baby-Rettungswagen in den Regelrettungsdienst eines Bundeslandes integriert.

© dpa-infocom, dpa:230323-99-60178/3

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: