Lebensmittel:Wildfleisch ganzjährig begehrt: "Mehr bio geht kaum"

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Pfefferbeißer (l) und Stracken liegen im Wildladen auf dem Tresen. Es muss nicht immer der edle Reh- oder Hirschrücken sein. Foto: Uwe Zucchi/dpa (Foto: dpa)

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Kassel (dpa/lhe) - Das Fleisch von Reh, Hirsch und Wildschwein ist bei den Verbrauchern in Hessen beliebt. Zunehmend werde Wildfleisch auch ganzjährig nachgefragt und sei beispielsweise fester Bestandteil beim sommerlichen Grillen.

Die Verzehrmenge sei trotz des Trends zu vegetarischem und veganem Essen eher noch gestiegen. Das liege daran, dass sich "die Vorteile dieses hochwertigen, natürlichen, fett- und cholesterinarmen Lebensmittels herumgesprochen haben", sagte Michael Gerst, Leiter des Landesbetriebs HessenForst, auf dpa-Anfrage. Hinzu komme: "Mehr bio geht kaum".

Schwankende Wildschweinpopulation und sparsame Kunden

Nach einem deutlichen Preisrückgang während der Corona-Pandemie, als Restaurants monatelang schließen mussten und kein Wildfleisch mehr abnahmen und auch viele Feierlichkeiten ausfielen, sei mittlerweile das Preisniveau von vor fünf Jahren wieder erreicht, so Gerst. Der Nachfrage tue das aber kaum Abbruch. Das berichtet auch die frühere Chefin der Landfleischerei Döring, Betty Döring, deren Sohn Mike in zweiter Generation neben der Metzgerei auch einen Waldladen in Kassel betreibt. Zu den zurückliegenden Feiertagen habe der Betrieb wieder ordentlich Wildfleisch verkauft, darunter auch hochwertige Stücke wie Reh- und Hirschrücken, sagte Betty Döring.

Klaus Haybach hingegen bekommt in dem von ihm betriebenen Waldladen am Forstamt Wiesbaden-Chausseehaus schon zu spüren, dass die Kunden etwas sparsamer geworden sind und derzeit eher zu Wildbratwürsten oder Gulasch greifen, statt sich für hochpreisigere Stücke zu entscheiden. Sein Jahresumsatz von rund 100.000 Euro sei im vergangenen Jahr um etwa ein Fünftel geschrumpft, sagte Haybach. Ähnliche Einschätzungen gibt es auch beim Deutschen Fleischer-Verband: Die Kunden kaufen zwar insgesamt nicht weniger Fleisch- und Wurstwaren ein, wählen aber eher günstigere Sorten, wie ein Sprecher sagte.

Nach Angaben von HessenForst unterliegt die Nachfrage saisonalen Schwankungen und sei auch abhängig von der Höhe und Zusammensetzung der Jagdstrecken. Ein wesentlicher Faktor der Wildbretmengen seien die ebenfalls stark schwankenden Schwarzwildpopulationen. In der laufenden Jagdsaison beispielsweise, die am 31. Januar endet, sei deutlich weniger Schwarzwild erlegt worden, als im Vorjahr. Seinerzeit waren Wildschweine auch wegen der Afrikanischen Schweinepest stärker bejagt worden.

Tiere wachsen in natürlicher Umgebung auf

Nach Angaben des Landesjagdverbandes Hessen wurden im Jagdjahr 2021/22 (bis 31. März) insgesamt 7667 Stück Rotwild, 2035 Stück Damwild, 89.252 Stück Rehwild sowie 84.711 Stück Schwarzwild erlegt. Fallwild und Tiere, die bei Unfällen zu Tode kamen, sind darin nicht enthalten. Die Wildbretmenge lag damit im genannten Zeitraum bei 3093 Tonnen. Das frische und regionale Wildbret erfülle bei Verbrauchern vor allem den Wunsch nach einem nachhaltigen Lebensmittel mit kurzen Transportwegen, erklärte ein Verbandssprecher. "Die Wildtiere wachsen in natürlicher Umgebung auf, ernähren sich von den "Früchten" der Natur, kennen weder Antibiotika, enge Ställe, lange Transportwege noch Schlachtstress."

Das nächste Jagdjahr 2023/24 beginnt Anfang April. "HessenForst jagt dann während der Saison grundsätzlich in zeitlichen Intervallen: flächendeckend von April bis Mai, von August bis September und im Herbst auf jeweils bestimmten Arealen", so Gerst. "In diesen Phasen kann auch eine größere Nachfrage nach Wildbret befriedigt werden." Außerhalb des Staatswaldes, für den HessenForst zuständig ist, sind diese Intervalljagdzeiten jedoch nicht gültig, dort gelten die gesetzlichen Jagdzeiten, wie es beim Landesjagdverband heißt.

Grundsätzlich werde jedes gemäß dem Fleischhygiene-Recht für den menschlichen Verzehr taugliche Wild auch diesem Zweck zugeführt. Lediglich Wild, das sich nicht für den Genuss eigne, weil es beispielsweise im Straßenverkehr zu Tode gekommen sei, werde etwa als Tierfutter verwendet oder falls nötig auch entsorgt.

© dpa-infocom, dpa:230111-99-179096/3

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