Ernährung:So geht Soulfood auf Katarisch

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Durch Zimt, Safran und Kurkuma bekommt der Reis vom Machboos eine herrliche gelbe Farbe. Foto: Claudia Wittke-Gaida/dpa-tmn (Foto: dpa)

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Doha (dpa/tmn) - In Katar wird gerne groß aufgetischt. Am liebsten Machboos. Das Nationalgericht wird im Land des Fußball-WM-Ausrichters auf großen Platten serviert, von denen sich alle am Tisch gemeinsam bedienen. Wer sich zuvor erkundigt, was das ist, bekommt dann in etwa zu hören: ein Mix aus Reis, Zwiebeln und Hähnchen - wahlweise auch Lamm.

Das klingt nach einer übersichtlichen und trockenen Angelegenheit. Man denkt: Okay, also Hähnchen und als Beilage eben Reis. Doch das trifft es nicht annähernd. Reis ist in Katar nie eine Beilage. Er wird so lange mit Zutaten und Würze veredelt, dass einem die Geschmacksknospen signalisieren: Partytime.

Und in diesem Sinne wird auch Machboos in mehreren Schritten über Stunden "komponiert" - als krasser Gegenentwurf zur ratzfatz Fünf-Zutaten-Küche. Denn ins Machboos kommen mindestens zwei Dutzend verschiedene Zutaten und Gewürze. So verspricht das Lieblingsgericht der Kataris eine Explosion an Aromen, und ist ein wahrer Seelenschmeichler.

Das geheime Machboos-Rezept der Fernsehköchin

"Jede Familie hat ihr eigenes Rezept, mit geheimen Tricks und Kniffen", sagt Aicha Al Tamimi. Sie ist eine bekannte Kochbuchautorin und Fernsehköchin in Katar und gibt Kurse in der "Cooking Academy" in Doha. Bei ihr werden Zwiebelringe angebraten und Tomatenmark, Curryblätter und grob geschnittene Selleriestangen hineingerührt. Es folgen Chilischoten. "Aber bitte nicht schneiden, sondern im Ganzen lassen", rät Aicha Al Tamimi.

Für eine kräftige zitronige Note kommen auch noch ein paar Loomis in den Topf. Das sind ganze getrocknete Limetten vom Markt, sie sind sehr populär im arabischen Raum. Ersatzweise kann man mit Zitronenzesten arbeiten.

Dann heißt es: Volle Pulle Gewürze! Aicha schüttet reichlich "Ebsar" in den Topf. So nennt sie eine selbst kreierte Gewürzmischung aus 17 verschiedenen Gewürzen, darunter getrocknete Rosinen, Zimt, gerösteter Kreuzkümmel, gerösteter Koriander und Kardamom.

Es folgen weitere Gewürzpulver: nochmals extra Zimt, Kurkuma, Cumin, geschroteter Weizen, Fenchel, Koriander sowie geriebener Knoblauch und geriebener Ingwer.

Hähnchen gart erst in Gewürzsud, dann im Ofen

Bevor der Topf mit kochendem Wasser aufgefüllt wird, werden in dem Gewürz- und Gemüsecocktail mehrere halbe Hühnchen gewälzt, bis die leuchtende gelb-rötliche Farbe auf sie abgefärbt hat. Sie köcheln dann bei geringer Hitze mit in der Brühe vor sich hin. So geben sie Geschmack an die Brühe ab und saugen gleichzeitig die orientalischen Aromen auf.

Nach mindestens 40 Minuten werden die Hähnchenteile herausgefischt und mit einer Marinade bepinselt, die aus Olivenöl, Tomatenmark, Zimt, Kardamom, Kurkuma und einem Schuss mit Safran versetztem Rosenwasser angerührt wird. Das gemixte Rosenwasser spielt eine große Rolle in der arabischen Küche und steht immer griffbereit. "Auf eine halbe Flasche Rosenwasser sollte man nur sehr wenig Safran geben. Benutzt man zu viel davon, schmeckt es nach Parfüm oder Seife", sagt Al Tamimi.

Während die marinierten halben Hähnchen für etwa eine halbe Stunde im Ofen gebacken werden, kommt Reis mit in den großen Topf. "Er muss aber zuvor für eine Stunde in kaltem Wasser eingeweicht gewesen sein", erklärt die Köchin. Und wie viel Reis darf's sein? Das hänge von der Personenzahl ab: "Ich rechne immer eine große Tasse für drei Leute", so Aichas Faustregel.

Reis saugt die Gewürzbrühe vollständig auf

Auf jeden Fall müsse man den Reis im Topf noch durch den blubbernden Gewürzsud sehen können. "Wenn nicht, ist zu viel Flüssigkeit im Topf und muss abgeschöpft werden. Die sollte man aber nicht wegschütten. Man kann sie später noch über den Reis geben oder als vorzügliche Brühe für ein anderes Gericht verwenden", erklärt die Profiköchin.

Während der Topf weiter sanft auf kleiner Stufe vor sich hin köchelt und die Hähnchenteile im Ofen brutzeln, macht sich Aicha Al Tamimi an die Garnitur. So nennt sie die Schicht, auf der das Geflügel zum Anrichten auf dem Reis gebettet wird.

Angebraten werden dafür in einer Pfanne mit Sonnenblumenöl Möhrenstifte, geschroteter Weizen, Rosinen, gehackte Cranberrys, Mandeln, geröstete Zwiebeln, zwei ganze gekochte Eier sowie das schwarze Innere von Loomis. Versetzt wird das Ganze mit Kurkuma, Zimt, Cumin, Kardamom, Salz und erneut der arabischen 17-Gewürzmischung. Ist man damit fertig, ist die Flüssigkeit aus dem Reistopf komplett eingekocht, zum Schluss mit fein gehackter Petersilie anrichten.

Das Makloubeh-Rezept des Kempinski-Kochs

Fein und würzig angemacht wird der Reis auch beim Makloubeh - noch so ein beliebtes Soulfood der Kataris. Dieses Hähnchen-Gericht geht eine Nummer schneller.

Makloubeh bedeutet "über Kopf", denn das Gericht mit Aubergine, Hähnchen und Blumenkohl wird aus einem Topf über Kopf auf den Teller gestülpt. Damit dabei nichts schiefgeht, braucht es einen kleinen schweren Topf mit Deckel sowie Reis, der nicht auseinanderfällt.

Fahed Basal, Chefkoch im Kempinski-Hotel Marsa Malaz, nutzt für sein Makloubeh-Rezept, das er im Al Sufra-Restaurant auf Dohas künstlicher Halbinsel "The Pearl" serviert, nur ägyptischen Reis. Der Kurzkornreis kommt Paella- und Risottoreis sehr nahe.

Eine Schicht nach der anderen

Bevor der für etwa 30 Minuten eingeweichte Reis im Topf landet, wird geschichtet. Dazu streicht Fahed den Topf zunächst mit 100 g Ghee ein. Das ist eine Art Butterschmalz. Darauf kommt eine Schicht mit etwa sieben Tomatenscheiben (100 g), eine weitere mit vorgegarten Kartoffelscheiben (200 g), mit vorgerösteten Auberginenscheiben (200 g) und gebratenen Blumenkohlröschen (150 g) sowie einer Handvoll kleiner angebratener Perlzwiebeln (100 g). Es folgt eine Schicht aus 500 g gekochten Hähnchenstreifen sowie als Abschluss dann die eingeweichten 180 g Kurzkornreis.

Nun kommt die vom Kochen des ganzen Hähnchens entstandene Geflügelbrühe zum Einsatz. Sie wird in einem separaten Topf erhitzt und gewürzt: 20 g Salz, 15 g schwarzen Pfeffer, 15 g Kurkuma, 10 g Zimt, 10 g Sweet-spicy-Pulver (kommt hiesigem Lebkuchengewürz mit Kardamom recht nahe), 20 g arabische 7-Gewürze-Mischung sowie 10 g Koriander-Pulver.

Die veredelte Brühe wird dann mit in den Reistopf gegossen. "Aber nur so viel, dass der Reis noch zu sehen ist", erklärt Fahed Basal. Hat man im Überschwang zu viel hineingekippt, vorsichtig mit dem Löffel wieder abschöpfen, rät der Koch. So stellt man sicher, dass der Reis nicht ertrinkt.

Deckel darf nicht gelüftet werden

Dann kocht der Topf zunächst etwa für 15 Minuten kräftiger und für weitere 15 Minuten auf kleiner Flamme. Fahed: "Nicht zu viel Hitze einstellen, sonst brennt alles an." Und bloß nicht neugierig sein. "In der Viertelstunde muss der Deckel unbedingt geschlossen bleiben", mahnt der Koch. Erst dann darf der Deckel gelüftet werden und der Topf wird kopfüber auf einen Teller gestürzt. Das Makloubeh wird mit 70 g Pinienkernen und 15 g gehackter glatter Petersilie bestreut und zusammen mit einem Dip aus 150 g Joghurt, 50 g gewürfelten Gurken, etwas Salz und Limettensaft serviert.

Das Makloubeh hat schon Faheds Mutter und Großmutter so gekocht - jedenfalls fast. Der Spitzenkoch verät: "Ich habe die süßliche Gewürzmischung hinzugefügt. So wird es noch runder."

© dpa-infocom, dpa:221121-99-604314/4

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