Bundesländer:Milliarden für Energiepreisbremse - Tempo bei Entlastungen

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Die Ministerpräsidenten Hendrik Wüst (l.) und Stephan Weil (r.) während einer Pressekonferenz. Foto: Michael Matthey/dpa (Foto: dpa)

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Berlin/Hannover/Brüssel (dpa) - In der Energiekrise will der Bund Milliardenkredite aufnehmen, um Verbraucherinnen und Verbraucher und Unternehmen zu entlasten. Der Wirtschaftsstabilisierungsfonds, ein Sondertopf außerhalb des Bundeshaushalts, darf nun Schulden von bis zu 200 Milliarden Euro aufnehmen, wie der Bundestag am Freitag beschloss. Während auf Landes- und EU-Ebene über Entlastungen gesprochen wurde, gingen die Gefechte in der Ukraine weiter.

Der Bundestag genehmigte für das Hilfspaket erneut eine Ausnahme von der im Grundgesetz verankerten Schuldenbremse. "Das ist eine gute Nachricht für alle, die mit Sorge auf ihre Nebenkosten blicken. Und für Handwerksbetriebe und Unternehmen", sagte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD).

"Damit stehen uns die Mittel zur Verfügung, um in diesem, im nächsten und im übernächsten Jahr das Notwendige zu tun", sagte Finanzminister Christian Lindner (FDP). Man werde zu Einsparungen und Veränderungen der Wirtschaftsstruktur kommen müssen. "Klar ist, Energie und Gas bleiben teuer."

Gaspreis im Fokus

Mit dem "Abwehrschirm" soll vor allem der zuletzt stark gestiegene Gaspreis gesenkt werden. Die von der Bundesregierung eingesetzte Expertenkommission hatte für private Gaskunden und kleine Firmen eine Einmalzahlung im Dezember auf der Basis der Abschlagszahlung im September vorgeschlagen. Die eigentliche Preisbremse soll für Industrieunternehmen im Januar sowie für private Haushalte und kleine Firmen möglichst ab März, spätestens ab April kommen.

Noch ist aber unklar, wie die Bundesregierung die Vorschläge umsetzen wird. Die Opposition kritisierte deshalb, man wisse noch überhaupt nicht, wofür die Milliardenkredite genutzt würden.

Länderchefs fordern mehr Tempo bei Entlastungen

Die Ministerpräsidenten der Bundesländer forderten derweil Tempo bei den Entlastungsplänen. "Wir brauchen zügige Entscheidungen", sagte Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) im Anschluss an die Ministerpräsidentenkonferenz in Hannover. Die Gaspreisbremse müsse nach Ansicht der Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten schon zum 1. Januar kommen. Die Länderchefs fordern zudem, dass auch kommunale und soziale Einrichtungen von der Gaspreisbremse profitieren sollen.

Weil und sein nordrhein-westfälischer Kollege, Hendrik Wüst (CDU), forderten auch Entlastungen für Menschen, die mit Öl und Holzpellets heizen. "Es darf am Ende keine Spaltung geben im Land entlang der Energiequellen", sagte Wüst.

Kredite auch für Strompreisbremse und Unternehmen

Mit den Krediten aus dem "Abwehrschirm" soll unter Umständen auch der Strompreis gedrückt werden. Eigentlich soll eine Strompreisbremse durch die Abschöpfung hoher Gewinne von Stromunternehmen finanziert werden. Reicht das nicht aus, soll nach einem Koalitionsbeschluss "zeitlich begrenzt" das Sondervermögen genutzt werden. Der Rest der Kredite soll zur Unterstützung von Unternehmen genutzt werden, die durch den Ukraine-Krieg in Schwierigkeiten geraten.

Vager Kompromiss in Brüssel

Auf EU-Ebene soll wegen der extrem gestiegenen Gaspreise nun ein Gaspreisdeckel light entwickelt werden. Bei einem Gipfeltreffen in Brüssel blockierte insbesondere Kanzler Scholz Entscheidungen zu einem möglichen Preisdeckel für Gas, das zur Stromerzeugung genutzt wird.

Der Gipfel-Kompromiss sieht vor, dass zunächst ein Preisdeckel zur Begrenzung extremer Ausschläge entwickelt werden sollen - Verbraucherinnen und Verbraucher würden dadurch nicht entlastet. Der vorgeschlagene Mechanismus soll nicht das derzeitige Preisniveau drücken, sondern lediglich dann zum Einsatz kommen, wenn etwa Manipulationen wie der russische Lieferstopp über Nord Stream 1 die Preise hochtreiben. Die Details eines solchen Modells - etwa was ein exzessiver Gaspreis ist - sind noch weitgehend unklar.

Luftangriffe und Stromausfälle in der Ukraine

In der Ukraine greift Russland weiter gezielt Kraftwerke und andere Infrastruktur an. Landesweit kam es zu Stromausfällen. Das ukrainische Versorgungsunternehmen Ukrenerho teilte mit, die Stromversorgung in vier Bezirken des Landes beschränken zu müssen.

Bei erneuten Luftangriffen auf ukrainische Städte sind den örtlichen Behörden zufolge mindestens zwölf Menschen verletzt worden. Auch die Behörden in Charkiw berichteten von russischen Attacken. Unterdessen verstärken die russischen Besatzungstruppen nach ukrainischen Angaben ihre Präsenz im Raum Cherson.

© dpa-infocom, dpa:221020-99-203431/12

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