Kommunen - Wiesbaden:Sozialdezernent wegen Betrugs in Awo-Affäre angeklagt

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Frankfurt/Wiesbaden (dpa/lhe) - In der Awo-Affäre ist Anklage gegen den Wiesbadener Sozialdezernenten Christoph Manjura erhoben worden. Dem 40-jährigen SPD-Politiker werde Beihilfe zur Untreue im besonders schwerem Fall vorgeworfen, teilte die Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt am Freitag mit. Er soll als früherer Stadtverordneter im April 2015 mit der damaligen Chefin der Wiesbadener Arbeiterwohlfahrt (Awo) ausgemacht haben, dass der Verband ihm Gehalt zahlt, ohne dass er dafür arbeiten muss. Im Gegenzug habe die Awo-Chefin erwartet, dass Manjura die Interessen der Awo "wohlwollend berücksichtigen" würde.

Die Generalstaatsanwaltschaft erklärte, es habe sich kein Nachweis dafür ergeben, dass die monatlichen Geldzahlungen das Abstimmungsverhalten des heutigen Dezernenten als Stadtverordneter beeinflusst hätten. Dies sei sehr schwer nachzuweisen, fügte ein Sprecher hinzu.

Die Anwälte Manjuras erklärten auf Anfrage, damit sei ihr Mandant vom Vorwurf der Bestechlichkeit vollumfänglich entlastet. Dies sei ein Zwischenschritt im Hinblick auf das Gesamtverfahren, wird Manjura selbst zitiert. Zum Verdacht des Verrats von Dienstgeheimnissen, weswegen noch ermittelt wird, erklärten die Anwälte, dazu lägen "sehr viele Beweismittel" vor, die aus Sicht der Verteidigung ergäben, dass der Verdacht nicht begründet sei. Weitere Details des Verfahrens wolle man nicht öffentlich kommentieren.

Der Wiesbadener Oberbürgermeister Gert-Uwe Mende (SPD) sprach von einem schwerwiegenden Vorgang, der das Ansehen der Stadt beschädige. "Deshalb werde ich Herrn Manjura ab sofort bis zur Entscheidung des Landgerichts nicht mehr mit der Vertretung des Oberbürgermeisters bei öffentlichen Terminen betrauen", erklärte Mende. Manjura solle Zurückhaltung bei der Wahrnehmung öffentlicher Termine üben. Wenn die Anklage zugelassen werde, müsse der Sachverhalt neu bewertet werden. Für dienstrechtliche Maßnahmen gegenüber Wahlbeamten sei der hessische Innenminister zuständig, fügte ein Stadtsprecher hinzu.

Die Wiesbadener SPD sprach von einem schwerwiegenden Vorwurf. Sollte das Landgericht das Verfahren zulassen, werde man sich äußern, teilten Partei und Fraktion mit. Zudem nehme man zur Kenntnis, dass der Vorwurf der Bestechlichkeit ausgeräumt sei.

"Die massiven Vorwürfe, denen Dezernent Manjura ausgesetzt ist, schaden nicht nur ihm, sondern der ganzen Landeshauptstadt", sagte die Fraktionsvorsitzende der CDU-Rathausfraktion, Daniela Georgi. Nach Auffassung des Kreisvorsitzenden der CDU Wiesbaden, Ingmar Jung, sollte der Stadtrat Manjura seine Amtsgeschäfte, zumindest während des Verfahrens, ruhen lassen. Sollte er hierzu nicht bereit sein, müsse gehandelt werden und der Oberbürgermeister von seinem Dezernatsverteilungsrecht Gebrauch machen.

Der Prozess soll am Landgericht Wiesbaden stattfinden, das noch über die Eröffnung des Hauptverfahrens entscheiden muss. Bei der Anklage gehe es um zwei Arbeitsverhältnisse Manjuras, erklärte die Generalstaatsanwaltschaft. In dem einen soll er rund zwei Jahre "nicht annähernd die geschuldete Arbeitsleistung von 30 Wochenstunden" als Referent der Geschäftsführung des Awo-Kreisverbands erbracht haben. Dem Kreisverband seien mehr als 100 000 Euro Schaden entstanden.

Zudem sei es um ein reines Scheinarbeitsverhältnis als angeblicher Betreuer in einem Altenpflegezentrum gegangen. Manjura erhielt demnach rund 9400 Euro, dem Arbeitgeber sei ein Schaden von rund 12 000 entstanden.

Der Awo-Skandal um überhöhte Gehälter und Luxus-Dienstwagen war 2019 aufgeflogen. Im Zentrum stehen die Kreisverbände Frankfurt und Wiesbaden. In dem Komplex wird dem Frankfurter Oberbürgermeister Peter Feldmann (SPD) Vorteilsannahme vorgeworfen, er muss sich ab Oktober vor Gericht verantworten.

© dpa-infocom, dpa:220826-99-522540/4

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