Gesundheit:Weiter Kritik an Corona-Plänen des Bundes für den Herbst

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Der Entwurf für das neue Infektionsschutzgesetz beinhaltet, dass die Bundesländer wieder Maskenpflichten verhängen dürfen. Foto: Bernd Wüstneck/dpa-Zentralbild/dpa (Foto: dpa)

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Berlin (dpa) - Die Kritik an den Corona-Schutzplänen des Bundes für die kalte Jahreszeit dauert an. Der Chef der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG), Gerald Gaß, forderte Nachbesserungen am geplanten Infektionsschutzgesetz.

"Wir begrüßen, dass eine Maskenpflicht in Innenräumen weiter möglich sein soll", sagte er der "Rheinischen Post". "Die Ausnahmen für Geimpfte sind aber völlig unpraktikabel und widersprechen deshalb dem Ziel eines guten Infektionsschutzes."

Auch die für Kliniken geplanten Regeln seien nicht umsetzbar. "Vorgesehen ist, dass zukünftig alle in den Krankenhäusern Beschäftigte sowie Besucherinnen und Besucher nur mit einem aktuellen Test oder einem höchstens drei Monate alten Impfnachweis (nach dreifacher Impfung) und in beiden Fällen einer FFP2-Maske ein Krankenhaus betreten dürfen", erklärte Gaß.

Der Entwurf für das neue Infektionsschutzgesetz beinhaltet etwa, dass die Bundesländer ab Oktober wieder Maskenpflichten verhängen dürfen. Bundesweit soll weiterhin eine Maskenpflicht in Bus, Bahn und Flieger sowie neu eine Masken- und Testpflicht in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen gelten.

Kritik an Maskenpflicht-Ausnahmen

Kritik gibt es unter anderem daran, dass Menschen von Maskenpflichten in Restaurants oder bei Kultur- und Sportveranstaltungen befreit sein sollen, wenn ihre Impfung nicht älter als drei Monate ist. Differenzen über die vom Bund vorgesehenen Ausnahmen für frisch Geimpfte gab es auch bei einer Gesundheitsministerkonferenz (GMK) von Bund und Ländern.

Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) stellte mit Blick auf Kritik der vergangenen Tage klar, dass mit der Möglichkeit der Ausnahme von der Maskenpflicht keineswegs eine Empfehlung für eine Auffrischung der Impfung alle drei Monate zu verstehen sei. Das sei abwegig und wäre auch "medizinisch unsinnig", sagte Lauterbach in den ARD-"Tagesthemen". Der Minister erholt sich derzeit selbst von einer Corona-Infektion.

Hinter der Kritik an dem Entwurf für das Infektionsschutzgesetz vermutet Lauterbach den Wunsch einiger nach der Rückkehr zu Vor-Corona-Zeiten, machte der SPD-Politiker im ZDF-"heute journal" deutlich. "Wir wollen zum Teil an Regeln anknüpfen, die wir schon mal gehabt haben. Und viele wollen das nicht." Viele wollten stattdessen einfach so weiterleben wie vorher - so, als wäre Corona zu Ende, damit der Herbst einfach sein könne. Eine Durchseuchung der Gesellschaft sei aber keine Option für die Bundesregierung, weil dies zu viele Todesfälle bedeuten würde, sagte Lauterbach.

FDP-Politiker: Länder bekommen ausreichend Rüstzeug

FDP-Gesundheitspolitiker Andrew Ullmann warnte die Länder davor, den Gesetzentwurf der rot-grün-gelben Bundesregierung noch einmal aufzuschnüren. "Die Gesundheitsminister der Länder befinden sich auf dem Holzweg, wenn sie noch weitere Verschärfungen verlangen", sagte er der "Augsburger Allgemeinen". "Wir geben den Ländern ausreichend Rüstzeug für eine dezentrale Bekämpfung der Pandemie." Ullmann kündigte nach Angaben der Zeitung an, dass die Vorschläge von Lauterbach und Justizminister Marco Buschmann (FDP) im Gesetzgebungsverfahren im Bundestag auf ihre Praxistauglichkeit geprüft werden.

FDP-Chef Christian Lindner macht sich für weniger Einschränkungen als in den vergangenen Pandemie-Wintern stark. "Es wird eine liberalere, eine verhältnismäßigere Bekämpfung der Corona-Pandemie geben", sagte Lindner dem Fernsehsender "Welt". Das vorgelegte Schutzkonzept bezeichnet Lindner als "erste Vorschläge". "An denen wird jetzt weitergearbeitet", sagte der Finanzminister. "Ich nehme auch wahr, wie die öffentliche Reaktion auf dieses und jenes Detail war, das werten wir aus und die Menschen können sicher sein: Mit den wirtschaftlichen Folgen des Ukraine-Kriegs lassen wir sie nicht allein, und wir werden auch nicht wieder in Deutschland zu flächendeckenden pauschalen Freiheitseinschränkungen zur Pandemiebekämpfung kommen."

Ein Sprecher von Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) forderte in den Zeitungen der Mediengruppe Bayern: "Wir brauchen klare Indikatoren und Schwellenwerte, um festzulegen, wann welche Maßnahme greifen soll." Dies müsse der Bund machen. "Wenn jedes Land selbst entscheidet, kommen wir nie zu einheitlichen und nachvollziehbaren Regeln, sondern erhöhen nur die rechtlichen Risiken."

Der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) sprach sich unterdessen gegen eine Maskenpflicht für Schüler im Herbst und Winter aus. "Der BVKJ ist grundsätzlich gegen eine Maskenpflicht in Schulen", sagte Jakob Maske, Bundessprecher des BVKJ, dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. "Wichtig ist auch, dass es anlasslose Testungen nicht mehr geben sollte, die Sensibilität liegt hier nur bei 40 Prozent", so der Kinderarzt. Es gebe viele falsch negative, aber auch falsch positive Ergebnisse.

Auf welche Studien der BVKJ-Bundessprecher sich mit Blick auf den Effekt der Masken bezog, blieb offen. Dass man mit Masken, die dicht am Gesicht anliegen, deutlich stärker vor einer Ansteckung geschützt ist, ist vielfach wissenschaftlich belegt. Sie fangen nicht nur größere Tröpfchen, sondern auch Aerosole ab, über die das Coronavirus ebenfalls übertragen wird.

Das Robert Koch-Institut empfiehlt das Tragen von Masken in bestimmten Situationen in der Öffentlichkeit, um die Übertragung von Sars-CoV-2 zu reduzieren. "Diese Empfehlung beruht auf Untersuchungen, die belegen, dass ein relevanter Anteil von Übertragungen vor dem Auftreten oder vor der Erkennung erster Krankheitszeichen und damit unbemerkt erfolgt", schreibt das RKI auf seiner Internetseite.

© dpa-infocom, dpa:220810-99-332542/5

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