Archäologie - Halle (Saale):Mächtige ottonische Mörtelmauer bei Nebra entdeckt

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Großwangen (dpa/sa) – Einen ungewöhnlichen Fund haben Archäologen bei Ausgrabungen auf dem Gelände der mittelalterlichen Altenburg bei Großwangen in der Nähe von Nebra (Burgenlandkreis) gemacht. Tief im Waldboden versteckt legten sie eine rund 1100 Jahre alte frei stehende Mörtelmauer frei. Die über 900 Meter lange, bis zu 2,30 Meter breite und noch bis zu 1,60 Meter Höhe erhaltene Mauer sei in einem exzellenten Zustand. "Die ursprünglich etwa drei bis fünf Meter hohe Mauer war eine enorme Leistung", sagte Landesarchäologe Harald Meller am Freitag. "An dem Bauwerk müssen sehr viele Menschen über etliche Monate gearbeitet haben."

Ungeklärt sei bislang, von wem und zu welchem Zweck dieser ungeheure Aufwand betrieben wurde. Normalerweise wurden Befestigungsanlagen in dieser Zeit als Holz-Erde-Wall mit Trockenmauerfront angelegt. "Die Grabungen ergaben, dass die intensive Besiedlung der Altenburg in ottonischer Zeit in der ersten Hälfte des 10. Jahrhunderts begann und vor der Jahrtausendwende endete", sagte Meller. Die Ottonen waren ein sächsisches Adelsgeschlecht. Sie regierten im ostfränkisch-deutschen Reich von 919 bis 1024, seit 962 auch als römische Kaiser.

"Bereits die heute präsentierten Ausgrabungsergebnisse machen deutlich, dass die Altenburg ein weiterer Ort in Sachsen-Anhalt ist, der für die Ottonen von herausragender Bedeutung war", sagte Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) bei einem Besuch der Altenburg . "Dies unterstreicht einmal mehr die Schlüsselrolle unserer Region für die Geschichte Europas."

Im Innern der freigelegten Grubenhäuser gab es Feuerstellen sowie Stein-und Lehmkuppelöfen. Ebenso wurden Vorratsgruben und Pfostenlöcher nachgewiesen. Dazu fanden die Archäologen charakteristische Funde des Mittelalters: Keramik, Tierknochen, Metallobjekte wie Schnallen, Lanzenteile, Messer und einen Reitersporn.

"Die Burg markiert die Anfänge des Burgenbaus aus Stein und Mörtel in der Region", sagte der Leiter des Forschungsprojektes, Felix Biermann. "Vermutlich wurden dazu Spezialisten aus dem Süden oder Westen des riesigen Ottonenreiches herangezogen, wo es ältere Traditionen dieser Bauweise gab."

Gebäude sind von der Altenburg heute nicht mehr erhalten, von der ehemaligen Befestigungsanlage sieht man nur noch Gräben und Wälle. Ihre Innenfläche war einst enorm und umfasste über 15 Hektar. Von besonderem Interesse für die Forscher ist die Nähe der Altenburg zu Memleben. Dort starben zwei Herrscher der Ottonen-Dynastie. Der genaue Standort der Königspfalz, in der dies geschah, ist bislang nicht lokalisiert. Die im heutigen Memleben erhaltenen historischen Bauten gehen auf ein Kloster zurück, das Kaiser Otto II. und seine Frau kurz vor dem Jahr 979 stifteten. Relikte der Palastanlage fehlen. Daher wurde vermutet, dass diese auf der nur 2,5 Kilometer vom Kloster Memleben entfernten Altenburg gelegen haben könnte.

Die Ausgrabungen auf dem Gelände der Altenburg laufen noch bis Mitte August. Weitere Forschungen sind in den nächsten Jahren geplant.

© dpa-infocom, dpa:220805-99-286204/3

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