Kommunen:Landlust: Familien beleben auch entlegene Winkel

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Ein Leben auf dem Land ist wieder gefragt. Wegen steigender Miet- und Immobilienpreise werden Großstädte immer unattraktiver. Foto: Julian Stratenschulte/dpa (Foto: dpa)

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Berlin (dpa) - Aus den Städten in die Dörfer: Die Menschen in Deutschland zieht es zunehmend aufs Land. "Die neue Landlust ist da und sie lässt sich auch in den Wanderungsstatistiken nachzeichnen". Anlass war die Präsentation einer Studie zum Wanderungsgeschehen in Deutschland.

"Die neue Landlust begann nicht erst mit der Corona-Pandemie", sagte Catherina Hinz, Geschäftsführende Direktorin des Berlin-Instituts für Bevölkerung und Entwicklung in Berlin. Sie habe sich schon vorher angedeutet und 2017 an Fahrt aufgenommen. Corona habe den Trend noch einmal verstärkt.

Trendwende deutete sich schon früher an

"Die aktuellen Daten deuten auf eine Trendwende hin. Dörfer und Kleinstädte zählen im Vergleich zu den späten 2000er Jahren heute eindeutig zu den Wanderungsgewinnern. Und sie profitieren dabei auch von der fehlenden Attraktivität der Großstädte, die in den vergangenen Jahren immer voller und teurer geworden sind", erläutert Frederick Sixtus, Projektkoordinator Demografie Deutschland.

Die Lage kleiner Gemeinden spiele kaum noch eine Rolle. "Die Menschen ziehen nicht mehr vor allem in die Speckgürtel großer Städte, sondern auch in abgelegene Regionen", so der Forscher Sixtus.

Der Studie zufolge sind es hauptsächlich Familien mit minderjährigen Kindern, die für die Belebung entlegener Regionen in ganz Deutschland sorgen. Auch berufliche Gründe sorgen inzwischen dafür, dass Menschen größere Städte verlassen und in den ländlichen Raum ziehen. Das war Ende der 2000er Jahre noch anders. Damals galt: je ländlicher die Gegend, desto mehr berufliche Abwanderung.

Zuhause auf dem Land und in der Stadt

"Wir sehen auch einen weiteren Trend, nämlich dass Menschen in beiden Welten, in Stadt und Dorf, gleichzeitig zu Hause sind", ergänzt Manuel Slupina von der beteiligten Wüstenrot-Stiftung. Diese Menschen nutzten die Möglichkeiten des ortsunabhängigen Arbeitens und verschiedene Angebote griffen diesen Trend auf.

Ende der 2000er Jahre hätten noch vor allem die großen Städte Einwohner hinzugewonnen. Inzwischen sei das Wanderungsgeschehen weitgehend ausgeglichen.

Die Wissenschaftler haben das Wanderungsgeschehen der Jahre 2008 bis 2010 mit dem Zeitraum 2018 bis 2020 deutschlandweit verglichen. Konnten im Zeitraum 2008 bis 2010 nur 28 Prozent der Landgemeinden ein Plus an Einwohnern durch Zuzüge verzeichnen, waren es zehn Jahre später 63 Prozent der Landgemeinden. Seit 2017 sinkt laut Studie der Wanderungssaldo der Großstädte.

Weniger "landlustig" sind demnach die 18- bis 24-Jährigen, die es vor allem wegen der Ausbildungs- und Kulturangebote nach wie vor in die Städte zieht.

Zuwanderung bedeutet allerdings nicht gleichzeitig auch Wachstum. Die hohe Sterberate kann oft nicht kompensiert werden und die Gemeinden schrumpfen trotzdem. Von den rund 3500 Gemeindeverbänden und Einheitsgemeinden, die zwischen 2018 und 2020 Wanderungsgewinne verzeichneten, verlor etwa ein Drittel dennoch insgesamt an Einwohnern.

© dpa-infocom, dpa:220628-99-834548/3

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