Abgeordnetenhaus - Nauen:Grünen-Fraktion fordert mehr Tempo bei der Verkehrswende

Abgeordnetenhaus
Werner Graf spricht bei dem Parteitag von Bündnis 90/Die Grünen Berlin. Foto: Monika Skolimowska/dpa-Zentralbild/dpa/Archivbild (Foto: dpa)

Direkt aus dem dpa-Newskanal

Nauen (dpa/bb) - Den Berliner Grünen geht es bei der Verkehrswende nicht schnell genug. Bei der Klausur der Fraktion am Samstag im brandenburgischen Nauen forderten gleich mehrere Abgeordnete mehr Tempo. Das gilt auch für die "ÖPNV-Offensive", für die sich die Partei stark macht. Dabei müsse im Vordergrund stehen, vor allem mehr Abonnentinnen und Abonnenten zu gewinnen, sagte der Grünen-Fraktionsvorsitzende Werner Graf. In einem Fraktionspapier zum Thema Mobilität, das die Abgeordneten beschlossen haben, fordern sie entsprechend, das Jahres-Abo im Öffentlichen Personennahverkehr attraktiver zu machen, etwa durch die Ausweitung auf den Tarifbereich C am Wochenende oder die Möglichkeit zur kostenlosen Fahrradmitnahme.

Langfristiges Ziel ist nach den Vorstellungen der Grünen-Abgeordneten ein "Multi-Mobilitäts-Ticket": Abo-Kunden sollen damit auch Sharing- und Taxiangebote nutzen können. Das gelte etwa auch für den Rufbus, dessen Einsatzgebiet die Grünen noch deutlich ausweiten wollen, vor allem, um die Außenbezirke noch besser anzubinden.

Die Mobilitätswende sei ein zentraler Faktor bei dem Projekt, sich vom Öl unabhängig zu machen, sagte Graf. Um den Autoverkehr zu verringern, fordern die Grünen eine andere Verteilung der Flächen in der Stadt - mit weniger Platz für motorisierte Fahrzeuge und mehr für Radfahrer und Fußgänger. Dazu sei eine schnelle Umwidmung von Parkplätzen nötig.

Mit dem Ziel, jeden vierten Parkplatz bis 2026 zu entsiegeln, sei der Bezirk Mitte Vorreiter für ganz Berlin. Die Grünen-Fraktion forderte außerdem, alle Berliner Straßenbauprojekte noch einmal kritisch auf ihre Vereinbarkeit mit den Berliner Klimazielen zu überprüfen.

In ihrem Beschluss stellten sich die Abgeordneten außerdem hinter die Pläne, sowohl das Kurzzeitparken in Berlin als auch das Anwohnerparken deutlich teurer zu machen. Und auch zur koalitionsintern umstrittenen City-Maut bekannten sich die Grünen erneut. Danach soll für die Fahrt mit dem Auto innerhalb des S-Bahn-Rings eine Maut fällig werden, deren Höhe vom CO2-Ausstoß abhängig ist. Die Grünen versprechen sich davon, die Kosten im Straßenverkehr gerechter zu verteilen.

Der SPD-Landes- und Fraktionsvorsitzende Raed Saleh, der genau wie Linke-Fraktionschef Carsten Schatz als Gast zu der Grünen-Klausur gekommen war, erteilte einer neuen Diskussion um die City-Maut innerhalb der rot-grün-roten Regierungskoalition sofort eine Absage. In den Koalitionsverhandlungen sei ausführlich über dieses Thema gesprochen worden, sagte Saleh. "Die City-Maut ist nicht verabredet." Die SPD halte sie weiterhin für falsch. "Der Koalitionsvertrag gilt."

Beim gemeinsamen Rückblick auf die bisherige Zusammenarbeit der drei Regierungsparteien fiel die Bilanz trotz etlicher kritischer Anmerkungen mehrerer Grünen-Abgeordneter aber insgesamt positiv aus. Saleh sagte, die Koalition habe in den ersten fünf Monaten sehr professionell gearbeitet. Grünen Co-Fraktionschefin Silke Gebel wies darauf hin, dass die drei Parteien wichtige Gemeinsamkeiten hätten: einen großen sozialpolitischen Anspruch zum Beispiel.

Beschlossen hat die Grünen-Fraktion auch einen Masterplan "Ankommen & Teilhaben", der Standards für den Umgang mit Flüchtlingen von der Unterbringung bis zur Gesundheitsversorgung definiert. Dazu gehört auch die Forderung, die Anerkennung von Berufsabschlüssen zu vereinfachen und zu beschleunigen und Flüchtlinge besser beim Lernen der deutschen Sprache zu unterstützen.

Vor dem Hintergrund des russischen Angriffskriegs sprach sich die Grünen-Fraktion dafür aus, den Unabhängigkeitstag der Ukraine am 24. August in diesem Jahr auch in Berlin als Feiertag zu begehen - als Zeichen deutsch-ukrainischer Verbundenheit.

Auf der Tagesordnung der Fraktionsklausur für Sonntag stand unter anderem die Beschäftigung mit dem Berliner Landeshaushalt. Einen Entwurf dafür hat der Senat bereits beschlossen. Über viele Details müssen die Mitglieder des Abgeordnetenhauses aber noch beraten - und voraussichtlich noch vor der Sommerpause beschließen.

© dpa-infocom, dpa:220513-99-278096/6

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: