Archäologie - Berlin:Entdecker und Räuber: Ausstellung zeigt Welten Schliemanns

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Die Original-Möbel aus Heinrich Schliemanns Arbeitszimmer werden in der Ausstellung "Schliemanns Welten“ gezeigt. Foto: Monika Skolimowska/dpa (Foto: dpa)

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Berlin (dpa) - Vielleicht ist ein Buch an allem schuld. In der "Weltgeschichte für Kinder" entdeckte der siebenjährige Heinrich Schliemann (1822-1890) eine Zeichnung von der brennenden Burg Trojas. Das soll den Forscherdrang in ihm geweckt haben. So zumindest später die Darstellung des als Archäologe bekannt gewordenen Schliemann. Eine Ausgabe des Buches markiert den Auftakt der Ausstellung "Schliemanns Welten. Sein Leben. Seine Entdeckungen. Sein Mythos" in der James-Simon-Galerie und dem benachbarten Neuen Museum Berlin. Von diesem Freitag an bis zum 6. November werden dort mit rund 700 Objekten die Stationen des Weltenbürgers 200 Jahre nach seiner Geburt nachgezeichnet.

"Dass Schliemann als Schatzgräber gilt, liegt daran, dass er zweimal so unglaublich viel Erfolg und Glück gehabt hat. Das Etikett greift aber zu kurz", sagte Matthias Wemhoff, Direktor des Museums für Vor- und Frühgeschichte, am Donnerstag.

Sein wechselvolles Leben führte Schliemann nicht direkt nach Troja. Nach trister Kindheit mit acht Geschwistern in Mecklenburg folgte eine Kaufmannslehre. Als junger Mann wechselte Schliemann nach Hamburg, kämpfte mit Krankheit und Geldmangel. Eine Auswanderung nach Venezuela scheiterte 1841 mit Schiffbruch vor Texel. Nach Stationen in verschiedenen Handelshäusern kam auch finanzieller Erfolg in Russland und den USA - erst Kolonialwaren, später Kriegsmaterial machten Schliemann zu einem reichen Mann.

Solche Etappen werden in der Ausstellung mit ausgewählten Objekten illustriert, bis hin zur Rekonstruktion von Teilen seines Arbeitszimmers. In Filmszenen schlüpft die Schauspielerin Katharina Thalbach in die Rolle Schliemanns, ihr Vortrag seiner Texte gibt einen Einblick in Fantasie und Erzählkraft des Weltreisenden.

Die materielle Absicherung gab ihm die Freiheit, sich seinem archäologischen Sehnen zu widmen. Als Multimillionär lernt Schliemann Latein und Altgriechisch, beginnt ein Studium in Paris. Die Kindheitsträume um Homers Troja verdichten sich nach seinen Worten zum "Verlangen zu beweisen, dass die "Ilias" auf Tatsachen beruht".

Für Anna-Vassiliki Karapanagiotou, Direktorin des Archäologischen Nationalmuseums Athen, war Schliemann "ein Pionier, der aber auch wissenschaftliche Fehler gemacht hat". Mit seinen - teils illegalen - Grabungen ab 1870 am Hügel Hisarlik Tepe begründete Schliemann nicht nur einen neuen Teil der Archäologie. Das mitunter dilettantische Vorgehen wie etwa falsche Grabungen an falschen Stellen zerstörte auch Teile der historischen Stätte.

Zu den Entdeckungen zählte auch der viele Tausend Objekte umfassende Schatz, der nach dem mythischen König Priamos benannt wurde. Schliemann überließ den Schatz den Museen in Berlin. Von dort gelangten sie als Kriegsbeute in die Sowjetunion.

Auf die Vielschichtigkeit Schliemanns deutet die unterteilte Ausstellung. In der James-Simon-Galerie steht die erste Lebenshälfte im Mittelpunkt mit Einblicken in die Lebenswelt des 19. Jahrhunderts. Im Neuen Museum sind die als spektakulär geltenden Funde der Königsgräber in Mykene und der Trojanischen Sammlung Schliemanns zu sehen.

© dpa-infocom, dpa:220512-99-260619/2

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