Haushalt - Dresden:Sachsen plant Neuverschuldung von 6 Milliarden Euro

Corona
Michael Kretschmer (CDU), Ministerpräsident von Sachsen, gestikuliert während einer Pressekonferenz. Foto: Robert Michael/dpa-Zentralbild/dpa/Archivbild (Foto: dpa)

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Dresden (dpa/sn) - Sachsen will der Corona-Krise mit einer erheblichen Neuverschuldung begegnen. Über einen entsprechenden Beschluss der Regierung wurde am Freitag in Dresden der Landtag informiert. Demnach ist eine Kreditaufnahme von sechs Milliarden Euro vorgesehen. Das ist fast ein Drittel des Jahresetats von 2020. Zusätzlich plant die Regierung 725 Millionen Euro aus Rücklagen für die Bewältigung der Krisenfolgen ein. Beide Summen sollen in einem Sondervermögen gebündelt und vom übrigen Haushalt getrennt werden. Der Landtag stimmt am Donnerstag ab. Nachdem alle Fraktionen ihre Bereitschaft begründeten, gilt eine Zustimmung als sicher.

Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) drängte am Freitag zur Eile. "Wir wissen nicht, ob der Sächsische Landtag in den nächsten Wochen und Monaten noch so zusammentreten kann und arbeitsfähig ist, wie es derzeit der Fall ist", sagte er am Freitag beim täglichen Video-Briefing der Regierung in Dresden. Es sei wichtig, dass die Entscheidung vom Landtag in Gänze getroffen werde und nicht von einem Notparlament: "Diese Entscheidung müssen alle Abgeordneten gemeinsam treffen." Es gebe bei allen Fraktionen Verständnis für die Situation.

Was 30 Jahre aufgebaut wurde, dürfe nicht verloren gehen und vergebens gewesen sein, sagte Kretschmer. Zugleich warb er um Unterstützung für den Mittelstand - das Rückgrat der Wirtschaft in Sachsen. Man habe dabei eine klare Erwartung an die Bundesregierung. Systemrelevant seien in Ostdeutschland nicht nur Unternehmen ab 20 000 Leuten, sondern vielmehr Firmen mit 150 oder 200 Mitarbeitern. Sie würden auch den Großteil der sächsischen Beschäftigten ausmachen.

Kretschmer sieht Sachsen vor der größten Herausforderung der vergangenen drei Jahrzehnte. Die Fluten an der Elbe seien eine schlimme Katastrophe, aber regional begrenzt gewesen. Die Finanz- und Wirtschaftskrise von 2008 habe sich als global, aber kurzfristig erwiesen. Derzeit liege die Wirtschaft in Europa nahezu lahm und auch in den USA gebe es große Schwierigkeiten: "Deswegen kann man nicht davon ausgehen, dass wir in einigen Wochen oder auch in einigen Monaten zu einer Normalität kommen." Der Welthandel werde über lange Zeit gestört sein. Bund, Länder und Kommunen würden das bei den Steuereinnahmen merken.

Wirtschaftsminister Martin Dulig (SPD) sprach von einer dramatischen Situation. Es gehe darum, das Leben in Sachsen weiterhin aufrecht zu erhalten. Ein Großteil der Kredite werde benötigt, um den Verlust an Steuereinnahmen auszugleichen. Finanzminister Hartmut Vorjohann (CDU) bezifferte diesen bis 2022 auf mehrere Milliarden Euro und sprach von einer "außergewöhnlichen Notsituation".

Genau diese Notlage muss der Landtag mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit nun feststellen, damit die Ausnahme von der Schuldenbremse greifen kann. Sachsen hatte bereits seit 2006 keine neuen Schulden mehr aufgenommen und seither sogar 75 Millionen Euro pro Jahr an Zinsen getilgt. Nach Bayern hat Sachsen den zweitgeringsten Schuldenstand in Deutschland. Seit 2014 steht das Neuverschuldungsverbot in der Verfassung. Neue Schulden sind nur in Ausnahmefällen möglich, zum Beispiel in Naturkatastrophen oder bei dramatischen Steuereinbrüchen.

Für eine Neuverschuldung braucht die Regierung im Landtag Stimmen aus der Opposition. Die Linken hatten schon im Vorfeld Zustimmung signalisiert. Am Freitag zog auch die AfD nach. Am Gründonnerstag will das Parlament nun im Dresdner Congress Center tagen, damit die 119 Abgeordneten mehr Platz zwischen sich lassen können. Zudem ist eine verkürzte Debatte von etwa 90 Minuten vorgesehen.

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