Prozesse - Koblenz:Prozess gegen mutmaßlichen PKK-Funktionär

Deutschland
Das Türschild des Oberlandesgericht in Koblenz. Foto: Fredrik von Erichsen/dpa (Foto: dpa)

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Koblenz (dpa) - Wegen einer ihm vorgeworfenen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung im Ausland steht ein 60-jähriger Mann aus Hessen seit Donnerstag vor dem Oberlandesgericht (OLG) Koblenz. Als mutmaßlicher Funktionär der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK soll er laut Anklage der Generalstaatsanwaltschaft Koblenz im Mai 2018 die Leitung des PKK-Gebiets Mainz übernommen haben, das weit nach Rheinhessen und Hessen hineinreichen soll. Der türkische Staatsangehörige soll unter dem Decknamen Ali Spenden- und Propagandakampagnen zugunsten der PKK organisiert und überwacht haben. Beim Prozessauftakt teilte er über seinen Anwalt mit, er habe sich stets nur mit legalen Methoden für die Kurden eingesetzt.

Er wohnte nach eigener Aussage bis zu seiner Festnahme im Juni 2019 in Lahnau im mittelhessischen Lahn-Dill-Kreis. Derzeit sitzt er in Untersuchungshaft im Gefängnis Rohrbach beim rheinhessischen Wöllstein. Bei der PKK handelt es sich laut Anklage um eine ausländische terroristische Vereinigung, zu der auch bewaffnete Einheiten gehörten. Diese nähmen ein Recht auf "aktive Verteidigung" mit Mord und Totschlag gegen türkische Sicherheitsbehörden in Anspruch. Dabei würden mit Sprengstoff und Waffen Soldaten, Polizisten und vereinzelt auch Zivilisten verletzt und getötet.

Als der Angeklagte in Handschellen den Gerichtssaal betrat, klatschten mehrere Dutzend kurdische Zuschauer. Er machte das Victory-Zeichen. Auf die Frage des Vorsitzenden Richters Thomas Bergmann, ob der 60-Jährige türkischer Staatsangehöriger sei, sagte dieser lächelnd: "Nein!"

Die Kurden sind eine große Minderheit in der Türkei. Viele Kurden werfen dem Staat Unterdrückung vor. Der Verteidiger Markus Künzel verlas eine Erklärung des Angeklagten: Er sei in seiner Heimat von türkischen Sicherheitskräften angeschossen, gefoltert und jahrelang inhaftiert worden. Bis heute sei er gesundheitlich angeschlagen. Der türkische Staat habe früher die Sprache und die Kultur der Kurden verboten. Er, der Angeklagte, sei nach Deutschland geflohen. Hier habe er als "patriotischer Kurde" an genehmigten Demonstrationen teilgenommen und sich in demokratischen und kulturellen Einrichtungen legal engagiert. "Ich habe nie Gewalt gut geheißen", zitierte der Anwalt den 60-Jährigen. Zu Spendensammlungen äußerte er sich nicht.

Der 2. Strafsenat des OLG Koblenz hat als Staatsschutzsenat gegen den mutmaßlichen PKK-Funktionär zunächst acht Verhandlungstage bis zum 28. April terminiert. Geladen sind laut einer OLG-Sprecherin vorerst 16 Zeugen, vorwiegend Polizisten. Weitergehen soll es am 9. März.

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