Behörden - Magdeburg:Keine Ausweitung der Handyüberwachung für Verfassungsschutz

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Eine Frau telefoniert mit ihrem Mobiltelefon und wirft dabei einen Schatten auf eine Wand. Foto: Arno Burgi/dpa-Zentralbild/dpa/Symbolbild (Foto: dpa)

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Magdeburg (dpa/sa) - Sachsen-Anhalts Verfassungsschützer sollen künftig besser kontrolliert werden können, müssen selbst aber ohne weitergehende Befugnisse zur Überwachung von verschlüsselter Handykommunikation auskommen. Das sieht der Entwurf für ein neues Verfassungsschutzgesetz vor, der am Dienstag vom schwarz-rot-grünen Kabinett gebilligt wurde. Eine von Innenminister Holger Stahlknecht (CDU) eingeforderte Möglichkeit, mit Richterbeschluss direkt auf die Mobiltelefone zuzugreifen, ist darin nicht enthalten.

"Das, was wir jetzt als Novelle haben, ist eine Eins-zu-eins-Umsetzung des Koalitionsvertrags", sagte der SPD-Innenexperte Rüdiger Erben. "Das ist keine Revolution, aber vernünftig." Auch der Grünen-Innenexperte Sebastian Striegel geht davon aus, dass das Gesetz vom Landtag ohne große Änderungen beschlossen wird.

Der innenpolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Chris Schulenburg, pocht weiter darauf, den Handyzugriff zu erlauben. Die Zahl der Verfassungsfeinde in Deutschland nehme nicht ab, argumentierte er. Mit Blick darauf, dass zahlreiche Kommunikationswege verschlüsselt seien, müssten die Verfassungsschützer mit der Zeit gehen.

Sollten der Landtag in dieser Frage nicht eine neue Linie verhandeln, wird aus dieser Quellen-Telekommunikationsüberwachung nichts. Fast alle Messenger-Dienste wie WhatsApp, Threema oder Skype übermitteln Daten so, dass sie nur auf den Geräten von Sender und Empfänger auslesbar sind. Um dem Geheimdienst dennoch einen Zugriff zu ermöglichen, wird diskutiert, den Zugriff auf das Handy zu gestatten.

Schon nach dem rechtsextremen Terroranschlag von Halle hatte Stahlknecht dafür geworben, alle technischen Möglichkeiten auszuschöpfen, um Rechtsextremismus zu bekämpfen. Striegel hielt dagegen, dass die zusätzlichen Überwachungsmöglichkeiten beim Anschlag von Halle nichts genutzt hätten. Nach bisherigen Erkenntnissen hatten die Sicherheitsbehörden den Terrorverdächtigen von Halle vor der Tat nicht als Rechtsextremisten auf dem Schirm.

Die mitregierenden Grünen und Datenschützer sehen den direkten Zugriff kritisch, weil die Ermittler damit automatisch auch an persönliche oder intime Daten herankommen, die nichts mit dem Verdacht zu tun haben. "Es ist technisch nicht abzugrenzen zwischen der zu überwachenden Kommunikation und sonstigen gespeicherten Daten wie Tagebuchnotizen, Kalender oder Fotoalbum", sagte Striegel.

Der SPD-Abgeordnete Erben sieht das weniger strikt. "Technisch lässt sich das nicht ausschließen, aber menschlich, indem man mehrere Sicherheitsnetze einbaut", sagte er. Bereits jetzt müssten Ermittler bei der Überwachung eines Drogendealers nachträglich Aufzeichnungen löschen, wenn der Verdächtige mit seiner Geliebten telefoniere.

Laut Innenministerium kann der Verfassungsschutz künftig besser vom Landtag kontrolliert werden. Zwei Beratungen des parlamentarischen Gremiums, das die Arbeit der Verfassungsschützer überwacht, sollen jedes Jahr teilweise öffentlich sein. Zudem sollen sich die Mitglieder des Gremiums mit Amtskollegen anderer Länder über ihre Erkenntnisse austauschen dürfen. Bisher sind die Sitzungen geheim, die Abgeordneten müssen ihre Informationen für sich behalten.

Aus Sicht von Striegel ist das eine wichtige Neuerung. "Der Verfassungsschutz arbeitet im Verbund der Länder und des Bundes und tauscht sich aus, aber wir als Kontrolleure dürfen das nicht." Allerdings ist die neue Möglichkeit zunächst eine eher theoretische: Denn kein anderes Bundesland sieht bisher diesen gelockerten Geheimnisschutz beim Austausch der Kontrollmitglieder vor.

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