Extremismus - Koblenz:Erste IS-Rückkehrerin in U-Haft: Weitere könnten folgen

Direkt aus dem dpa-Newskanal

Mainz/Koblenz/Frankfurt/Main (dpa/lrs) - Außer der am Freitag festgenommenen mutmaßlichen IS-Anhängerin könnten nach Einschätzung des Innenministeriums noch 10 bis 15 Männer und Frauen nach Rheinland-Pfalz zurückkehren. Von knapp 20 Menschen sei die Ausreise nach Syrien oder den Irak bekannt, 3 oder 4 von ihnen seien nach amtlich nicht bestätigten Angaben ums Leben gekommen, sagte der Sprecher des Innenministeriums, Joachim Winkler, am Montag in Mainz. Die 29-Jährige aus Idar-Oberstein ist die erste mutmaßliche IS-Rückkehrerin aus Rheinland-Pfalz.

Sie war am Freitagabend zusammen mit drei Kindern von der Türkei nach Deutschland abgeschoben und in Frankfurt festgenommen worden. Sie sitzt in Koblenz in Untersuchungshaft. Ihr werde neben der Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung auch vorgeworfen, in sozialen Medien und Chats die Aktivitäten der Terrormiliz und die Tötung andersdenkender gerechtfertigt zu haben, sagte der Sprecher der Generalstaatsanwaltschaft, Jürgen Brauer. Sie soll auch zur Ausreise in das vom IS proklamierte "Kalifat" aufgerufen und für ihre Tätigkeiten von der Terror-Organisation Geld bekommen haben. Derzeit würden bei der Frau sichergestellte Beweismittel wie ein Smartphone ausgewertet.

Als Grund für den Haftbefehl nannte Brauer Fluchtgefahr. Wann mit einer Anklage vor dem Staatsschutzsenat zu rechnen ist, war zunächst noch nicht absehbar.

Der fünf Jahre alte Sohn der Beschuldigten und ihre beiden zwei Jahre alten Töchter sind seit Freitagnacht in der Obhut des Frankfurter Jugendamtes und wurden bei zwei Bereitschaftspflegefamilien untergebracht, wie eine Sprecherin des Sozialdezernats in Frankfurt sagte. Beim Familiengericht sei ein Antrag auf Übertragung der Sorge auf einen städtischen Amtsvormund gestellt worden.

Nach dem Landesjustizvollzugsgesetz darf sie ihre Kinder bis zu vier Stunden pro Monaten sehen, wie der Sprecher des Justizministeriums, Christoph Burmeister, erläuterte. Einzelheiten müssten aber das Jugendamt mit der JVA vereinbaren. Zur Unterbringung sagte er: "Sämtliche Gefängnisse in Rheinland-Pfalz sind so sicher, dass sie auch solche Gefangenen aufnehmen können." Aus dem geschlossenen Vollzug sei zuletzt vor 20 Jahren ein Inhaftierter ausgebrochen.

Die Frau ist nach bisherigen Erkenntnissen im September 2014 nach intensiver Vorbereitung mit ihrem nach islamischen Recht verheirateten Mann und zwei seiner Schwestern aus Idar-Oberstein über die Türkei nach Syrien gereist. Zum Verbleib ihres Mannes und dessen Schwestern machten die Behörden keine Angaben.

Die inzwischen 29-Jährige habe sich in einem vom IS kontrollierten Gebiet der terroristischen Vereinigung anschließen wollen. Während ihr Mann die militärische Ausbildung absolvierte, habe sich die Beschuldigte zunächst in ein Haus für Frauen des IS begeben. Spätestens seit Ende 2014 soll sie mit ihrem Mann in der syrischen Stadt Al-Raqqa gelebt und den Sohn zur Welt gebracht haben.

Als sich ihr Mann aufseiten des IS an Kampfhandlungen in Nordsyrien beteiligte, soll sie ihn unterstützt haben. Sie habe den gemeinsamen Haushalt geführt und moralische Unterstützung geleistet, damit er uneingeschränkt der terroristischen Vereinigung zur Verfügung stehen konnte. Kurdische Kämpfer sollen die Frau Anfang 2019 festgesetzt und in ein Camp nahe der türkischen Grenze gebracht haben. Dort sei sie von türkischen Kräften aufgegriffen worden.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: