Prozesse - Traunstein:Tödlicher Raserunfall: Junge Autofahrer sollen hinter Gitter

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Traunstein (dpa/lby) - Fast drei Jahre ist es her, dass bei einem Unfall in Rosenheim zwei junge Frauen starben. Nun haben zwei Autofahrer wegen fahrlässiger Tötung und vorsätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs auch in zweiter Instanz Haftstrafen bekommen. Das Landgericht Traunstein verurteilte am Dienstag einen 25-Jährigen zu zwei Jahren und fünf Monaten - fünf Monate mehr als in erster Instanz vor dem Amtsgericht Rosenheim. Für seinen 26 Jahre alten Freund bleibt es bei dem Urteil des Amtsgerichts von zwei Jahren und drei Monaten. Beide hatten Berufung eingelegt.

"Es handelt sich um keinen Dumme-Jungenstreich, sondern um eine hochkriminelle Handlung", sagte der Vorsitzende Richter Jürgen Zenkel in der Urteilsbegründung. Es sei "alles andere als ein Spaß" gewesen.

Am 20. November 2016 gegen 21.06 Uhr setzt in einer langgezogenen Rechtskurve in Rosenheim ein Autofahrer aus Ulm zum Überholen an. Das Manöver endet Sekunden später mit einem Frontalzusammenstoß. Denn - so sieht es die Staatsanwaltschaft und dem folgte das Gericht - die beiden Einheimischen lassen den Ulmer nicht einscheren, obwohl Gegenverkehr in Sicht ist. Der Wagen rast frontal in ein Auto mit drei jungen Frauen. Die 21-jährige Fahrerin und eine 15-Jährige sterben. Deren ältere, damals 19-jährige Schwester überlebt schwer verletzt. Sie ist mit ihren Eltern ebenso Nebenklägerin wie der Vater und die Schwester ihrer getöteten Freundin.

Den Ulmer hatte das Amtsgericht Rosenheim wegen fahrlässiger Tötung zu einem Jahr und acht Monaten Haft auf Bewährung verurteilt, er akzeptierte das Urteil. Auch seine Beifahrerin wurde schwer verletzt.

Die Eltern der 15-Jährigen äußerten sich nach dem Urteil erleichtert. Die lange Verfahrenszeit gehe an die Substanz, sagte der Vater. "Wir hoffen, dass endlich mal Ruhe einkehrt." Die Mutter sagte, sie sei noch voll Trauer, habe die Bilder von damals im Kopf, wolle Frieden schließen. "Wir sind dankbar, dass dieses Urteil so ausgefallen ist. Es ist das Mindeste, was wir erhofft und erwartet haben."

Der Vater der 21-Jährigen hatte sich bei den Plädoyers den Tränen nahe an das Gericht gewandt. Die Rechtslage sei doch klar, der Unfall eine Katastrophe. "Man kann sich nicht vorstellen, was wir als Eltern durchgemacht haben." Auch er begrüßte das Urteil. Aber: "Keine Strafe dieser Welt kann unsere Kinder zurückbringen." Alle drei Fahrzeuge hätten den Unfall verursacht. Er hoffe, dass sich nun in der Szene in Rosenheim etwas ändere. In Rosenheim gibt es eine sogenannte Auto-Poser-Szene, die mehrfach mit Raserei und getunten Autos auffiel. Die Polizeiinspektion hatte mit einer eigenen Ermittlungsgruppe den Druck auf die Szene erhöht.

"Es gab in diesem Sinne kein Rennen", sagte der Vorsitzende Richter über den Unfall. Die beiden Angeklagten hätten vielmehr den Abstand zwischen ihren Autos verringert. Der Ulmer sei deshalb nach seinem mit überhöhtem Tempo gefahrenen Überholmanöver nach links ausgewichen. "Warum hat er das gemacht? Weil er keine Möglichkeit hatte, nach rechts einzuscheren", sagte Zenkel. Ein Indiz allein belege nicht die Täterschaft der Autofahrer, jedoch die "Gesamtschau". "Es sind viele einzelne Indizien, die für die Täterschaft der Angeklagten sprechen."

Diese und ihre Anwälte sehen das völlig anders. "Ich habe immer schon gesagt, ich wüsste keine Möglichkeit, wie ich den Unfall hätte verhindern können", sagte der 25-Jährige in seinem Schlusswort. Er wandte sich um und sagte an die Familien der Toten gerichtet, er könne jedem von ihnen in Augen schauen und sagen, "dass ich nichts für den Unfall kann". Er war noch vor seinem Amtsgerichtsprozess bei einem waghalsigen Autorennen erneut von der Polizei gestoppt worden. Deshalb bekam er eine höhere Strafe als sein 26-jähriger Freund, der auf ein Schlusswort verzichtete.

Die Staatsanwaltschaft hatte für den 25-Jährigen drei Jahre und drei Monate Haft und für den 26-Jährigen drei Jahre verlangt. Die Anwälte der jungen Männer hatten auf Freispruch plädiert. Ihre Mandanten treffe keine Schuld an dem tragischen Unfall. Beide Seiten können noch Revision einlegen.

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