Regierung - Stuttgart:Bienenfreunde: Vorerst nicht weiter für Volksbegehren werben

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Stuttgart (dpa/lsw) - Die Initiatoren und Unterstützer des umstrittenen Bienen-Volksbegehrens wollen vorerst nicht weiter für ihren Gesetzentwurf werben. Man gehe auf das Dialogangebot der Landesregierung ein, teilte der Trägerkreis des Volksbegehrens im Dienstagabend in Stuttgart mit. Der Trägerkreis habe einstimmig beschlossen, dass er das Eckpunktepapier von Agrar- und Umweltministerium im Grundsatz anerkenne. Statt weiter Unterschriften zu sammeln, wollen die Bienenfreunde damit gemeinsam mit der Regierung an einem Gesetzesentwurf arbeiten.

"Das Volksbegehren hat schon jetzt dazu geführt, dass sich in Baden-Württemberg was bewegt", betonte Volksbegehrens-Initiator Tobias Miltenberger. "Wir gehen den Weg, den die Landesregierung aufgezeigt hat, mit, wenn die Eckpunkte der Landesregierung bis Mitte Dezember in konkrete Maßnahmen gegossen sind und Bauernverbände, Imkerverbände und Regierungsfraktionen sich ebenfalls hinter diese Eckpunkte stellen", sagte BUND-Landeschefin Brigitte Dahlbender. "Wir wollen, dass den Worten nun Taten folgen." Der Trägerkreis des Volksbegehrens müsse bei der Ausformulierung und Konkretisierung des Gesetzentwurfs einbezogen werden.

Unter dem Motto "Rettet die Bienen" hatten Naturschützer bereits drei Wochen lang Unterschriften für das Volksbegehren gesammelt. Der Anteil der Flächen, auf denen Pestizide genutzt werden, soll dem Volksbegehren zufolge im Südwesten bis 2025 halbiert werden. In Schutzgebieten sollen sie verboten werden. Die ökologische Landwirtschaft soll bis 2035 auf 50 Prozent ausgebaut werden. Die Forderungen stießen auf massive Kritik von Landwirten. Sie fürchten nach eigenen Angaben um ihre Existenz. Jeder zehnte Wahlberechtigte - etwa 770 000 Menschen - muss unterschreiben, damit der Gesetzentwurf dem Landtag zur Abstimmung vorgelegt wird. Nun ist eine Einigung auf einen Alternativentwurf aber sehr viel wahrscheinlicher.

Die grün-schwarzen Koalitionsspitzen hatten sich am Dienstagmorgen auf eine Gegenposition zum Volksbegehren geeinigt. Am Abend kamen Agrarminister Peter Hauk (CDU) und Umweltminister Franz Untersteller (Grüne) mit den Initiatoren und Unterstützern des Volksbegehrens im Umweltministerium zusammen, um über die Alternativen zu sprechen. Der Regierungsentwurf soll nun inhaltliche Ziele des Volksbegehrens übernehmen, aber umstrittene Passagen entschärfen.

Ein Pestizidverbot soll es demnach nur in Naturschutzgebieten geben, nicht in sämtlichen Schutzgebieten. Das Verbot soll ab 2022 gelten und so ausgestaltet sein, dass betroffene Betriebe nicht in ihrer wirtschaftlichen Existenz gefährdet werden.

Der Einsatz chemisch-synthetischer Pflanzenschutzmittel soll den Eckpunkten zufolge bis 2030 um 40 bis 50 Prozent reduziert werden. "Damit würden wir bundesweit eine Vorreiterrolle einnehmen, und zwar gemeinsam mit der Landwirtschaft und dem Naturschutz", sagten Hauk und Untersteller. Die Landesregierung will sich beim Bund zudem dafür einsetzen, dass chemisch-synthetische Pflanzenschutzmitteln in Privatgärten generell verboten werden.

Der Anteil der ökologischen Landwirtschaft soll bis 2030 auf 30 bis 40 Prozent ausgebaut werden - allerdings unter Berücksichtigung der Nachfrageentwicklung. "Kein Betrieb wird gegen seinen Willen den Betrieb auf ökologischen Landbau umstellen müssen", heißt es in dem Papier. Ein "ruinöser Preiskampf im Ökobereich" soll vermieden werden. Auch soll ein regelmäßiger Austausch von Bauern- und Naturschutzverbänden sowie Ministerien etabliert werden.

"Das ist wirklich eine sehr gute realistische, aber auch sehr zielführende Agenda - und nicht irgendein fauler Kompromiss", sagte Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) am Abend. "Wenn wir es tatsächlich schaffen, diese Ziele zu erreichen - das wäre ein gewaltiger Schritt."

Am Mittwoch beschäftigt das Thema auch den Landtag auf Antrag der CDU. CDU-Fraktionschef Wolfgang Reinhart sagte am Abend: "Ich bin erleichtert über die einstimmige Zustimmung aller Verbände einschließlich der Initiatoren des Volksbegehrens zu den Eckpunkten der Landesregierung." Man habe Handlungsfähigkeit gezeigt. "Jetzt müssen die Eckpunkte an einem Runden Tisch mit allen Beteiligten konkretisiert werden."

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