140-Zeichen-Dienst mit Relaunch:Twitter will die Nicht-Nerds ködern

Wird Twitter zur ernsthaften Konkurrenz für Facebook? Mit zahlreichen neuen Funktionen will das Plaudernetzwerk auch für Neueinsteiger attraktiv werden - und für die wichtigen Werbekunden des Unternehmens.

Wohin will Twitter? Kaum eine Frage sorgte über die vergangenen Monate in der IT-Branche für solches Stirnrunzeln wie die Frage nach der Strategie des Plaudernetzwerks. Nun gibt es eine erste Antwort: Twitter orientiert sich an seinen Konkurrenten Facebook und Google Plus, und ähnelt damit künftig noch mehr einem klassischen Portal.

Twitter

Neue Twitter-Oberfläche "fly": Mehr wie Facebook und Google Plus.

(Foto: Twitter.com)

Am Donnerstag präsentierten die Firmen-Verantwortlichen die neue, "Fly" genannte Oberfläche für Browser, Tweetdeck-, iOS- und Android-App, die vor allem neue und bislang "schweigende" Mitglieder überzeugen soll: Von den 400 Millionen Nutzern verwendet bislang nur ein Viertel den Dienst regelmäßig.

Damit sich das ändert, sollen neue Funktionen die Orientierung im 140-Zeichen-Universum erleichtern. "Weniger Orte, auf die man klicken kann; weniger, was man lernen muss", fasste Twitter-Gründer Jack Dorsey die Änderungen zusammen.

[] In der neuen Version finden sich am oberen linken Bildschirmrand nun drei Funktionsknöpfe. Unter "Startseite" finden Nutzer wie bisher aktuelle Nachrichten ihrer Timeline, zudem sehen sie aktuelle Trendthemen. Unter "@Verbinden" werden Erwähnungen, aber auch neue Follower und Aktivitäten von Freunden gebündelt. Unter "#Entdecken" präsentiert Twitter den Nutzern aktuelle Themen, gleichzeitig können sie über diese Funktion die Echtzeit-Botschaften durchsuchen. Die vorgeschlagenen Themen sollen allerdings dem ersten Eindruck vieler Nutzer nach nicht besonders relevant gewählt sein. Mit dem Klick auf das eigene Profil können sich User Privatnachrichten und gespeicherte Suchanfragen anzeigen lassen.

[] Enthält eine Twitter-Nachricht Bilder oder Videos, sind die künftig mit einem Klick direkt innerhalb des Portals aufrufbar. Bislang wurden Nutzer auf die entsprechende Seite weitergeleitet.

[] Unternehmen erhalten die Möglichkeit, ausführlichere Profile als 0815-Nutzer anzulegen. Damit will man vor allem versuchen, Firmen als mögliche Kunden für gesponserte Tweets zu gewinnen. Bislang reagieren nach Unternehmensangaben drei bis fünf Prozent der Twitter-Nutzer auf Werbung in ihrer Timeline. Über ein neues Websystem soll künftig wie bei Google und Facebook jeder Mensch relativ einfach Werbung buchen können, ohne mit Twitter-Mitarbeitern in Kontakt treten zu müssen.

[] Twitter wird schneller: Die Oberfläche soll flotter auf Klicks reagieren und neue Nachrichten schneller nachladen.

[] Twitter-Nachrichten sind künftig in andere Seiten wie Blogs oder Nachrichtenseiten per HTML einbindbar.

Die neue Oberfläche ist bereits jetzt in den Smartphone-Apps verwendbar, die Web-Version wird nach und nach eingeführt und sollte im Laufe der nächsten Tage allen Nutzern zur Verfügung stellen.

Nach dem Einstieg weiterer Investoren im Sommer dieses Jahres wird der Wert von Twitter auf acht Milliarden Dollar geschätzt. Allerdings konkurriert das Unternehmen mit den mächtigen Rivalen Facebook und Google um die Werbekunden im Netz, ein schlüssiges Geschäftsmodell vermissten viele Analysten bislang. Schätzungen zufolge soll der Twitter-Werbeumsatz in diesem Jahr von 45 Millionen auf 140 Millionen Dollar steigen.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: