Süddeutsche Zeitung

Wlan im Zug:Wenn bei der Bahn was funktioniert, kommt gleich ein Minister

  • Die Deutsche Bahn sagt, das neu eingeführte Wlan in ICEs sei bei den Fahrgästen beliebt.
  • In einer Facebook-Umfrage der SZ zeigt sich etwa die Hälfte der Teilnehmer mit dem Angebot zufrieden.

Von Christian Endt, Berlin

Es gibt schönere Jobs als den des Bahnchefs. Verspätete Züge, ausgefallene Toiletten, verkehrte Wagenreihungen und ständig Ärger mit dem Wetter: Die Liste der Probleme ist lang, der Spott meist groß. Als die Bahn vergangenes Jahr ankündigte, in allen ICEs kostenloses Wlan anzubieten, auch für Fahrgäste der zweiten Klasse, glaubte daher auch kaum jemand daran, dass das wirklich klappen würde.

Nun steht Bahnchef Rüdiger Grube breit grinsend im Berliner Hauptbahnhof. Er hat gute Nachrichten zu verkünden: Das versprochene Wlan ist endlich da. Und es scheint tatsächlich zu funktionieren.

Man habe nun "Wlan für alle und überall", sagt Grube. Das stimmt zwar nicht ganz, bei den Regionalzügen wird es noch eine ganze Weile dauern. Trotzdem ist der Service erfolgreich genug, dass Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) vorbeikommt und in den Jubel einstimmt. Das sei ein "sehr, sehr großer Erfolg", sagt er, "ein Schritt, der Bahnfahren noch schöner macht als es bisher war".

Die Fernbusse machten es vor

Nun könnte man es schon wieder als Witz sehen, dass in Deutschland gleich ein Minister auftritt, nur weil es im Zug eine funktionierende Internetverbindung gibt. In Ländern wie Österreich ist das schließlich seit Jahren der Fall. Und wenn Dobrindt sagt, dass die Bahn damit "den anderen Verkehrsträgern vorausfährt", muss man dem entgegen halten, dass es die Fernbusse waren, die Wlan unterwegs zum Standard gemacht haben. Dass die Bahn da also nicht voraus-, sondern mit großem Abstand hinterher fährt.

Aber immerhin: Sie fährt.

Zumal nicht nur der Bahnsprecher sagt, das Unternehmen bekäme von Fahrgästen überwiegend "sehr positive Rückmeldungen", die Zufriedenheit der Passagiere sei deutlich gestiegen. Auch Karl-Peter Naumann, Sprecher des sonst meist kritischen Fahrgastverbands Pro Bahn, sagt: "Das Wlan-Angebot funktioniert ordentlich. Für den Alltagsgebrauch ist das durchaus brauchbar." Naumann schätzt, dass er selbst währed neunzig Prozent seiner Fahrten seit dem Jahreswechsel eine stabile Verbindung hatte. "Große Daten oder Filme herunterladen funktioniert nicht", sagt er, "das ist aber auch nie versprochen worden."

Dafür will die Bahn vom Frühjahr an in den Zügen Filme des Anbieters Maxdome anbieten. Sie sollen auf Servern in den Zügen selbst liegen und im lokalen Netzwerk verfügbar sein. Diese Daten belasten daher auch nicht das Volumen von maximal 200 Megabyte, das im kostenlosen Paket enthalten ist. Wer mehr herunterlädt, muss mit geringeren Geschwindigkeiten surfen.

Schon jetzt sprechen Fahrgäste von einer "spürbaren Verbesserung" und erzählen, sie hätten stundenlang ohne Abbruch Videos gucken können. Andere sagen, die Qualität der Verbindung schwanke. In einer Facebook-Umfrage der SZ zeigt sich etwa die Hälfte der Teilnehmer mit dem Angebot zufrieden. 45 Prozent finden: So lässt sich im Zug surfen. Aus Sicht weiterer fünf Prozent reicht die Verbindung zumindest zum Bearbeiten von E-Mails aus. Etwa ein Fünftel sagt, das Wlan funktioniere gar nicht (nicht-repräsentative Umfrage mit 626 Teilnehmern, Stand: 19.1.2017, 15 Uhr).

Das Signal im Zug soll besser werden, verspricht die Bahn

Für den Ausbau des Wlan-Angebotes hat die Bahn in den vergangenen Monaten die komplette ICE-Flotte technisch nachgerüstet. Die "Access Points" bündeln nun das Mobilfunksignal aller drei Netzbetreiber Telekom, Vodafone und O2 und stellen es den Fahrgästen zur Verfügung. Wenn es entlang der Gleise kein Mobilfunksignal gibt, hilft das allerdings nichts. Das sei derzeit an 15 Prozent der Strecken der Fall, erklärt die Bahn. Man melde diese Lücken den Mobilfunkanbietern. Die müssten zusätzliche Sendemasten aufstellen.

Bis Ende 2018 will die Bahn die ICE-Flotte zusätzlich mit Signalverstärkern ausstatten, die Telefonate von unterwegs stabiler machen sollen. "Ein Satz wie 'Ich bin im Zug, kann sein, dass gleich die Verbindung abbricht' gehört dann hoffentlich der Vergangenheit an", sagt Grube. Auch das gilt allerdings nur bei verfügbarem Netzsignal.

Eines schönen Tages sollen auch Regionalzüge mit dem Internet verbunden sein. Auf ersten Strecken hat die Bahn bereits Versuche gestartet. Verkompliziert wird das Projekt dadurch, dass für den Regionalverkehr die Bundesländer zuständig sind. Verkehrsminister Dobrindt kann also nicht viel mehr tun, als die dortigen Minister aufzufordern, freies Wlan als Anforderung in die Ausschreibungen für neue Züge aufzunehmen. Die Bahn ist trotzdem zuversichtlich, bis 2020 auch einen Großteil dieser Züge ausrüsten zu können.

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