Süddeutsche Zeitung

BGH-Urteil:Unitymedia darf private Router für Hotspots nutzen

Der BGH hat entschieden: Der Netzbetreiber darf seinen Wlan-Kunden einen zweiten Hotspot auf die Router laden, sodass auch Menschen außerhalb der Wohnung diesen nutzen können. Verbraucherschützer hatten dagegen geklagt.

Wie hat der BGH entschieden?

Der Internetanbieter Unitymedia darf auf die Router seiner Kunden zugreifen und dort einen Wlan-Hotspot einrichten. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) am Donnerstag in letzter Instanz geurteilt. (Az: I ZR 23/18).

Nach Ansicht des BGH beeinträchtigt die Aufschaltung eines zusätzlichen Signals die geschuldete Vertragsleistung nicht. Zwar könnten dadurch die Kunden belästigt werden, diese Belästigung sei aber zumutbar, weil die Kunden dem jederzeit, auch nachträglich, widersprechen könnten. Die Aktivierung des zweiten Wlan-Signals sei ein ausschließlich technischer Vorgang.

Es bestehe auch nicht das Risiko, dass der Kunde für Rechtsverletzungen haften müsse, die andere Personen über den zweiten Wlan-Zugang begehen. Auch ein Eingriff in die Privatsphäre oder in das Eigentum der Kunden liege nicht vor. Denn der eigene Wlan-Spot auf dem Router sei weiterhin durch ein Passwort geschützt und bleibe für Dritte nicht nutzbar.

Um welchen Fall ging es?

Die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen hatte vor zwei Jahren Unitymedia verklagt, weil das Unternehmen ungefragt Kundenrouter zum Aufbau eines Wlan-Hotspots für andere Kunden nutzt. Das Unternehmen mit Sitz in Köln hatte seine Kunden schriftlich darauf hingewiesen, dass es Software für ein zweites Wlan-Signal aufspiele und ihnen die Möglichkeit zum Widerspruch dagegen eingeräumt.

Die Verbraucherschützer halten das für eine unzumutbare Belästigung und forderten, dass Unitymedia nur mit ausdrücklicher Zustimmung ("Opt-in") der Kunden auf deren Router zugreifen darf.

Was macht Unitymedia?

Unitymedia betreibt das Kabelnetz in Baden-Württemberg, Hessen und Nordrhein-Westfalen und hat jeweils deutlich mehr als drei Millionen Kunden für Internet und Telefon. Das Unternehmen nutzt die Router seiner Kunden, um neben dem passwortgeschützten privaten Wlan einen teilöffentlichen Wlan-Zugang zum Internet für seine anderen Kunden anzubieten. Das ermöglicht Unitymedia-Kunden den Zugang zum Internet an mehr als einer Million solcher Wlan-Spots ohne jeweils neue Anmeldung.

Was machen andere Internetanbieter?

Andere Internetanbieter wie die Telekom oder Vodafone verwenden ähnliche Systeme, um ihren Kunden ebenfalls möglichst flächendeckend Hotspots anbieten zu können. Allerdings fragen sie ihre Kunden, wenn diese einen neuen Router brauchen oder einen Internetanschluss bestellen bislang vorher um Erlaubnis. Kunden, die ihren Router nicht für öffentliche Hotspots zur Verfügung stellen, dürfen meist auch nicht kostenlos auf die Hotspots der anderen Kunden zugreifen.

Wie gingen die vorinstanzlichen Entscheidungen aus?

In erster Instanz vor dem Landgericht Köln hatten die Richter 2017 Unitymedia untersagt, das separate Wlan-Signal zu aktivieren, wenn dies mit den Verbrauchern nicht vertraglich vereinbart wurde und die Verbraucher zur Aktivierung kein Einverständnis erteilt haben.

Im Berufungsverfahren vor dem Oberlandesgericht Köln sahen die Richter das anders. Sie hoben das Urteil des Landgerichts auf und wiesen die Klage der Verbraucherzentrale ab. Als Begründung führten die Richter an, dass die Aufschaltung des zusätzlichen Signals keine unzumutbare Belästigung der Kunden im Sinne des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) darstelle. Das Unternehmen habe ein berechtigtes Interesse, sein Dienstleistungsangebot durch Zusatzfunktionen auszuweiten. Zudem gebe es ein Interesse der anderen Kunden, Wlan-Hotspots auch außerhalb der Privatwohnung zu nutzen. Auch könne die Software ohne Störung oder eine Sicherheitsgefährdung der Kunden aufgespielt werden. Schließlich sei auch das Eigentumsrecht nicht betroffen, weil die Router Eigentum von Unitymedia seien.

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