Julian Assange ist der Gründer des Webseitenverbundes Wikileaks, auf der heikle und geheime Dokumente im Internet veröffentlicht werden können (in Deutschland: http://wikileaks.de/).
Julian Assange von der Enthüllungsplattform Wikileaks: Hoffen auf den sicheren Hafen in Island.
(Foto: Andreas Gaufer, CC-BY)Seit Wikileaks das Bordvideo eines amerikanischen Kampfhubschraubers veröffentlichte und bekannt wurde, dass die Organisation rund 260.000 diplomatische Depeschen hat, die quasi-kriminelle Aktivitäten amerikanischer Botschaften belegen, gibt es Spekulationen darüber, wie die amerikanischen Behörden dem Australier und seinen Mitarbeitern nachstellen. Das US Army Counterintelligence Center klassifizierte Wikileaks als ernsthaftes Sicherheitsrisiko für die amerikanischen Streitkräfte. Seither zeigt sich Assange nur selten in der Öffentlichkeit.
Auf der Ted-Konferenz in Oxford trat er jetzt als Überraschungsgast auf und wurde wie ein Revolutionsheld gefeiert. Nach seinem Vortrag gab er einem kleinen Kreis internationaler Journalisten ein Interview. Assange ist ein schmaler Mann, der mit seinen schlohweißen Haaren älter wirkt als 39 Jahre. Er spricht mit leiser Stimme, hält oft inne, um seine Worte zu wählen.
SZ: Herr Assange, gefährden die USA Ihre Sicherheit?
Julian Assange: Die offiziellen Verlautbarungen waren eher gemäßigt. Es gab allerdings einige inoffizielle Bemerkungen von Mitgliedern der amerikanischen Regierung, die andeuteten, dass sie sich, was uns betrifft, nicht unbedingt an den Rahmen der Gesetzmäßigkeit halten wollen.
SZ: Was hatte das für Folgen für Sie?
Assange: Ich habe alle meine Auftritte in den USA abgesagt. Einen in Las Vegas und zwei in New York. Der Auftritt in Las Vegas wäre bei einer Podiumsdiskussion im Rahmen einer Konferenz für investigativen Journalismus gewesen. Auf dem Podium wären auch James Risen (New-York-Times-Reporter und Autor eines CIA-Buches) und Valerie Plame (ehemalige CIA-Agentin) gewesen. Risen musste ebenfalls aus rechtlichen Gründen absagen, weil er sonst eine Vorladung bekommen hätte. Das ist keineswegs ein Phänomen, das nur uns betrifft.
SZ: Haben Sie schon früher Sicherheitsvorkehrungen getroffen?
Assange: Über die Jahre kam es immer wieder zu Vorfällen. Bis hin zu physischen Bedrohungen, meist in Entwicklungsländern, bis hin zur Ermordung von zwei Menschenrechtsanwälten in Kenia im März 2009.
SZ: Hatte das direkt mit Wikileaks zu tun?
Assange: Das waren Figuren des öffentlichen Lebens dort, äußerst mutige Aktivisten, die uns offen mit Material versorgten. Sie wurden ermordet, weil sie Morde durch die Polizei aufdeckten.
SZ: Fühlen Sie sich in Europa sicher?
Assange: Wir stehen auch hier unter Beobachtung. Wir haben in den letzten Monaten einige Vorfälle entdeckt.
SZ: Was für Vorfälle?
Assange: Wir sprechen nie darüber, was für Vorfälle wir entdeckt haben oder welche wir nicht entdeckt haben.