Whistleblower:Assange bleibt Botschafts-Gefangener

Julian Assange

Der Haftbefehl gegen den Internetaktivisten und Wikileaks-Gründer Julian Assange bleibt bestehen. Ein schwedisches Gericht lehnte einen Antrag auf eine Aufhebung des europäischen Haftbefehls wegen sexueller Delikte ab

(Foto: dpa)

Der Haftbefehl gegen Julian Assange bleibt bestehen. Damit ist ein Ende des Asyls des Internetaktivisten und Wikileaks-Gründers in der ecuadorianischen Botschaft in London weiter nicht absehbar.

Von Silke Bigalke, Stockholm

Ein Gericht in Stockholm hat den Haftbefehl gegen Wikileaks-Gründer Julian Assange bestätigt. Gegen ihn wird in Schweden wegen Verdacht auf sexuelle Nötigung und Belästigung ermittelt.

Um sich einer Auslieferung zu entziehen, hält sich der Aktivist seit zwei Jahren in der ecuadorianischen Botschaft in London auf. Assanges Anwälte hatten die Aufhebung des Haftbefehls beantragt, weil die schwedischen Behörden den Fall nicht schnell genug bearbeitet hätten. Sie halten die jahrelange Isolation Assanges für unverhältnismäßig.

Wikileaks founder Assange speaks to the media inside the Ecuadorian Embassy in London

Wikileaks-Gründer Assange wird der sexuellen Nötigung verdächtigt.

(Foto: Reuters)

Seit zwei Jahren sitzt Assange in der Botschaft fest. Ginge er vor die Tür, würde die britische Polizei ihn verhaften. Assange bestreitet die Vorwürfe, lehnt es aber ab, für eine Vernehmung nach Stockholm zu reisen. Deswegen sei es im Prinzip unmöglich, den Haftbefehl durchzusetzen, hatte sein Anwalt Thomas Olsson bereits vor dem Prozess im schwedischen Radio gesagt. Die Staatsanwaltschaft solle Assange stattdessen in London vernehmen, fordert er. Das wiederum lehnt die leitende Staatsanwältin Marianne Ny ab. Stillstand also, seit Jahren.

Der Fall begann 2010: Während eines Aufenthalts in Stockholm hatte Assange ungeschützten Geschlechtsverkehr mit zwei Frauen, diese gingen zur Polizei, wollten ihn zu einem HIV-Test zwingen. Der Missbrauchs-Verdacht kam auf. Doch bevor die Staatsanwaltschaft Assange anklagen kann, muss sie ihn erst verhören. Deswegen hat Ny vor vier Jahren einen europäischen Haftbefehl ausgestellt. In Großbritannien lebte Assange daraufhin zunächst unter Hausarrest. Im Juni 2012 entschied das Oberste Gericht in London endgültig, dem Auslieferungsantrag Schwedens zu folgen. Assange flüchtete in die ecuadorianische Botschaft. Denn er fürchtet, die Schweden könnten ihn an die USA ausliefern.

Zwar haben die USA bisher keine Anklage gegen Assange wegen der Wikileaks-Enthüllungen formuliert und auch noch keinen Auslieferungsantrag gestellt. Doch um die Gefahr zu verdeutlichen, zeigten Assanges Anwälte vor dem Stockholmer Gericht zahlreiche amerikanische Medienberichte, in denen er als Terrorist und Verräter bezeichnet wird. Ihr Mandant leide unter der Isolation in London, er könne seine Familie nicht sehen, nicht an die frische Luft gehen, so argumentieren Assanges Verteidiger. Die Richterin entschied, dass die Vorwürfe gegen Assange schwerer wiegen als sein Leiden.

"Das war die richtige Entscheidung", sagte Emma Persson nach dem Urteil. Sie vertritt eine der Frauen, die Assange beschuldigt haben. Dieser müsse nach Stockholm kommen und sich dem Verfahren stellen, so Persson. Auch Staatsanwältin Ny fühlt sich bestätigt. Assange habe seinen Aufenthalt in der Botschaft freiwillig gewählt, seine Lage könne daher nicht mit Haft verglichen werden. Außerdem sei es wichtig, das Assange nach Schweden komme, ein Verhör in London sei unmöglich. Würde Anklage erhoben und Assange verurteilt werden, dann müsste er seine Strafe schließlich auch in Schweden antreten. Doch wie sie ihn dorthin bewegen soll, weiß Ny selbst nicht. Assanges Anwälte haben bereits Berufung angekündigt.

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