Eine anderer Grund für das Missverhältnis könnten die Themen der Autorinnen sein - sie sind vielfältiger, ihre Netzwerke dadurch zersplitterter. Bloggerinnen würden sich im Internet seltener mit politischen oder technischen Themen dem großen Publikum empfehlen, sondern schrieben meist persönlicher, erklärten die Autorinnen des "Mädchenblogs" auf der Konferenz im vergangenen Jahr. "Warum Babykotze genauso relevant ist wie das iPhone", hieß der Diskussionsbeitrag. Die Häme mancher Konferenzteilnehmer, die folgte, mag dazu beigetragen haben, dass die Diskussion in diesem Jahr wiedergekehrt ist.
"Viele in der Internet-Community meinen, Geschlechter seien im Netz einfach nicht mehr existent", beklagt Anna Berg vom Gruppenblog "Mädchenmannschaft". Doch wird mancher altbekannte Mechanismus durch den digitalen Wandel vielleicht erst neu belebt. Das Knüpfen männlicher Seilschaften funktioniere im Netz noch ungestörter als in der herkömmlichen Medienwirtschaft, vermutet eine der wenigen politischen Bloggerinnen des Landes mit größerem Publikum, die Soziologin Anne Roth. Einen Indikator dafür sieht sie in den wöchentlich neu errechneten Blogcharts des Medienjournalisten Jens Schröder. Wer besonders oft durch andere Blogger verlinkt wird, landet hier im Ranking oben - um eine Frau zu entdecken, muss man in dieser Woche bis zum 14. Platz herunterscrollen. Männer verlinkten häufiger auf die Blogs von Männern, bestätigt auch die frühere Grünen-Politikerin Julia Seeliger. Als Frau, deren Politikblog monatlich mehr als 50000 Menschen lesen, zählt auch sie zu den Ausnahmen.