Süddeutsche Zeitung

Abzocke Abo-Falle:So wehren sich betroffene Handynutzer

Von Jan Willmroth

Der Berliner Rechtsanwalt Thomas Hollweck vergleicht die Drittanbieter-Masche mit dem Kauf eines neuen Autos: Kaum hat ein Kunde den Vertrag für den neuen Kombi unterschrieben, kommt der Händler vorbei und stellt ein Motorrad in den Hof, das man bitte zu bezahlen habe. Der Kunde habe schließlich unterschrieben, dass der Autohändler auch Leistungen Dritter in Rechnung stellen darf. Und wenn er das Motorrad jetzt nicht wolle, selbst wenn er es nie direkt bestellt habe, müsse er diese Angelegenheit mit dem Motorradhändler klären - aber bitte erst bezahlen. Offensichtlich ist das ein unsauberes Geschäft.

Der Vergleich verdeutlicht, was Mobilfunkkunden beim sogenannten WAP-Billing widerfährt: Immer wieder kommt es vor, dass Smartphone-Nutzer durch einen unbedachten Fingertipp auf eine Werbeanzeige in einer Handy-App auf einer sogenannten WAP-Seite landen, wo sie ohne es zu wollen ein Abo abschließen. Und zwar für eine Leistung, die sie weder wollen, noch jemals erhalten. Die Rechnungsbeträge sind meist so gering, dass sich Handynutzer nicht die Mühe machen, sich dagegen zu wehren.

Das sollten sie aber, raten Juristen. Denn nicht nur haben sie unberechtigte Forderungen bezahlt, durch ihr Stillhalten können die Mobilfunkanbieter ohne ausreichende Kontrolle der Drittanbieter weitermachen. Ohnehin versuchen die Netzbetreiber regelmäßig, Widerspruch abzubügeln: Betroffene Kunden verweisen sie an den Drittanbieter mit dem Hinweis, man sei nicht verantwortlich.

Streng genommen dürfen Anbieter keine Fremdleistungen auf die Rechnung setzen

Das stimmt so nicht. Zumeist regeln die Netzbetreiber die Abrechnung von Drittleistungen in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Dort dürfen aber nur Dinge stehen, die eher allgemein und für den Vertragsschluss nicht wesentlich sind. Überraschungen dürfen sich im Kleingedruckten nicht verstecken. "Letztendlich bedeutet das, dass ein Mobilfunkanbieter in aller Regel keine rechtliche Grundlage hat, Fremdleistungen auf der Handyrechnung abzurechnen", schreibt Hollweck in einem Ratgeber.

Wer unberechtigte Forderungen auf seiner Handyrechnung entdeckt, sollte nicht sofort den strittigen Betrag oder gar die ganze Rechnung zurückbuchen - dann bekommen Kunden es womöglich mit Inkasso-Büros zu tun oder ihnen wird in letzter Konsequenz der Vertrag gekündigt. Zunächst sollten sie daher den gesamten fehlerhaften Rechnungen widersprechen, sich dazu schriftlich an den Mobilfunkprovider wenden und ihn zur Stornierung der Drittanbieterbeträge auffordern. Da der Provider die Posten auf die Rechnung gesetzt hat (und in der Regel schon den Drittanbieter vorab bezahlt hat), ist er in der Pflicht, die strittigen Forderungen zu ersetzen.

Gleichzeitig sollten sich Kunden schriftlich an den Drittanbieter wenden, vorsorglich das vermeintliche Abo wegen Täuschung anfechten, eine konkrete Leistungsbeschreibung verlangen und die Forderungen zurückweisen. Dieses Schreiben mitsamt Antwort sollten sie später ihrem Mobilfunkanbieter als zusätzliches Druckmittel vorlegen können. Für beide Briefe empfiehlt sich ein Einschreiben; gute Musterbriefe finden sich im Netz. Eine Kündigung des Abos wird in der Regel anstandslos angenommen, die Rückerstattung seitens des Mobilfunkanbieter nicht. Letztlich bleibt Kunden bei korrektem Widerruf die Möglichkeit einer außerordentlichen Vertragskündigung. Und wer noch nicht betroffen ist, sollte in jedem Fall eine Drittanbietersperre einrichten lassen, um sich zu schützen.

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Quelle:
SZ vom 26.11.2015
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