Vorwurf mangelnder Netzneutralität:US-Netzaufsicht verspricht "faires" Zwei-Klassen-Internet

Wende im Streit um die Netzneutralität? Nach massiver Kritik von Internetfirmen und -nutzern will die US-Netzaufsicht FCC ihre Pläne für ein Zwei-Klassen-Internet abschwächen - allerdings nur ein bisschen.

Nach Protesten aus der Internet-Branche will die US-Telekommunikationsbehörde FCC (Federal Communications Commission) einem Zeitungsbericht zufolge ihre Pläne für eine bezahlte Überholspur im Netz abschwächen. So solle es die Zusicherung geben, dass jene Daten, für die nicht zusätzlich bezahlt wird, von den Netzbetreibern nicht gezielt abgebremst werden, berichtete das Wall Street Journal.

Die bisher bekannten Pläne der US-Netzaufsicht hatten im Internet und bei betroffenen Konzernen für große Proteste gesorgt. Vergangene Woche hatten mehr als 150 amerikanische Online-Unternehmen von der US-Regierung gleiche Bedingungen für alle im Internet gefordert. Sie wurden angeführt von Netz-Giganten wie Google, Facebook, Microsoft, Netflix oder Amazon.

All diese Konzerne sowie Tausende Nutzer in sozialen Netzwerken und auf der Online-Plattform Reddit sorgen sich um den Fortbestand der Netzneutralität. Das Prinzip besagt, dass alle Daten im Netz grundsätzlich gleich behandelt werden müssen. Vor allem die Telekommunikationsunternehmen fordern Ausnahmen, um zum Beispiel für medizinische Dienste oder Video-Übertragungen eine bessere Leitung anbieten zu können. Internet-Konzerne wie Facebook, Google oder die Online-Videothek Netflix befürchten aber, sie könnten von den Telekommunikationsfirmen wegen ihres hohen Datenaufkommens grundsätzlich für die Qualitätsabsicherung zur Kasse gebeten werden.

Gleiches Recht für alle Daten

Die neuen Formulierungen, die der FCC-Vorsitzende Tom Wheeler jetzt wählt, sollen der verbreiteten Kritik Rechnung tragen. Der neue Vorschlag werde sich inhaltlich kaum von der ursprünglichen Version unterscheiden. Er solle allerdings Formulierungen enthalten, die klarmachten, dass die FCC die Verträge überwachen werde. Mit dem Ziel, dass jenen Firmen, die nicht für schnellere Datenübertragung bezahlen, "kein unfairer Nachteil" entstehe. Wie genau die Regeln aussehen könnten, die über faire oder unfaire Nachteile entscheiden, ist nicht bekannt.

Wheeler wolle mit dem neuen Vorschlag auch eine Diskussion darüber lostreten, ob Deals, die gegen Bezahlung schnellere Übertragungsgeschwindigkeiten ermöglichen, nicht grundsätzlich untersagt werden sollten, heißt es im Wall Street Journal weiter. Außerdem wolle die FCC eine Debatte darüber anstoßen, ob Breitband-Internet als öffentlich relevante Infrastruktur betrachtet werden solle. Das würde eine strengere Regulierung nach sich ziehen. Die Netzbetreiber dürften aber gegen eine solche Neuordnung vor Gericht ziehen, schätzen Branchenexperten.

Für diesen Donnerstag ist eine Abstimmung der fünfköpfigen FCC über die Vorschläge angesetzt. Die beiden republikanischen Mitglieder des Gremiums sehen "jede Regelung" zur Wahrung der Netzneutralität als "völlig unnötig" an. Zwei weitere Kommissionsmitglieder sprachen sich mittlerweile dafür aus, die Entscheidung über die Vorschläge angesichts der öffentlichen Kritik zu verschieben.

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