Die einen halten die Vorratsdatenspeicherung für eine Sünde, die anderen halten sie für eine Pflicht. Weil die einen mit den anderen die Bundesregierung bilden, i st die Sache praktisch unlösbar. Seit über zwei Jahren, seitdem das Bundesverfassungsgericht das alte Gesetz über die Speicherung der Telekommunikationsdaten zerrissen hat, streiten sich FDP und Union darüber, wie ein neues Gesetz ausschauen könnte. Der Streit führt zu keinem Ende, wenn nicht eine der Parteien auf ihre Position verzichtet.
In dieser Situation wirkt die von der EU-Kommission betriebene Klage gegen Deutschland auf Erlass eines Vorratsdatenspeicherungsgesetzes wie Gift. Sie erhöht den Druck auf die FDP - die aber dem Druck nicht nachgeben kann, ohne schon wieder als schwach dazustehen und ihre wackere Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger zu brüskieren.
Weil die FDP der Union nicht mehr über den Weg traut, hatte sie ihr schon unterstellt, die Klage der EU-Kommission quasi in Brüssel bestellt zu haben. In dieser vergifteten Situation kommt nun die Nachricht, dass die Kommission ihre Klage entschärfen will, einer Entgiftung gleich: Es bringt nun keine Kostenrisiken mehr mit sich, auf das Urteil des EU-Gerichts zu warten; sowohl CDU/CSU als auch FDP können bis dahin bei ihren Positionen bleiben - und sich so bei ihren jeweiligen Wählern empfehlen.
Diese Lösung, die keine ist, die aber trotzdem für Ruhe in der Koalition sorgt, hat etwas Salomonisches; sie könnte von der Kanzlerin stammen.
Diese Lösung tut der Koalition gut, aber vor allem den Bürgerrechten: Denn jeder Monat ohne eine Vorratsdatenspeicherung ist ein guter Monat für die Bürgerrechte.