Um dem amerikanischen Geheimdienst die Arbeit unmöglich zu machen, reicht Werner Koch anscheinend ein zehn Quadratmeter kleines Zimmer in Erkrath. Eine Kleinstadt, zwölf Minuten mit der Bahn von Düsseldorf entfernt. Die Straßen hier sind eng und manche Häuserdächer so tief, dass es eigene Warnschilder für Lkw gibt. Sie könnten Probleme damit haben, die Straße zu befahren, ohne anzustoßen. Werner Koch öffnet seine Haustür, an den Wänden hängen Kinderzeichnungen. Seine Firma, das Zimmer, ist ein Ein-Mann-Betrieb in seinem Keller. Bis vor Kurzem war sie das auch finanziell. Doch wenn er nun auf seinen Kontostand blickt, steht da eine sechsstellige Zahl. "Geld ist jetzt erst einmal genug da", sagt er.
Der Grund dafür ist eine Veranstaltung Ende 2014 in Hamburg. Werner Koch saß in einem vollen Saal mit 3000 Personen. Auf der Bühne erklärten zwei Experten detailliert, wie der amerikanische Geheimdienst Menschen ausspioniert und welche technischen Schranken er umgehen kann. Plötzlich sagte der Redner: "Ist Werner Koch im Raum? Könntest Du bitte aufstehen?" Die Menge jubelte ihm zu. Sie hatte dem Mann, der nun stand, einiges zu verdanken. Denn das Programm, das er geschrieben hat, kann der Geheimdienst nicht knacken. Zumindest nach allem, was bis heute bekannt ist.
Werner Koch ist 53 Jahre alt und verantwortlich für das Computerprogramm, mit dem sich Menschen weltweit verschlüsselt E-Mails schicken können: "Gnu Privacy Guard" (Gnu PG). Wenn ein Geheimdienst eine auf diese Art verschlüsselte Nachricht abfangen sollte, sieht er nur kryptische Zeichen- und Wortfolgen. Auch Edward Snowden hat über solche E-Mail-Dienste Kontakt zu Journalisten aufgenommen und somit die NSA-Enthüllungen überhaupt erst ermöglicht.
Spenden von Facebook, Linux und anderen
Ein Geheimdienst mit Millionen-Budget scheitert an einem Programm, das Werner Koch Ende 1997 geschrieben hat. Es ist eine Geschichte, wie sie Hacker lieben, schließlich zeigt sie, dass Geld und Macht wertlos sind gegen clever eingesetzte Mathematik. Koch lehnt sich in einem Stuhl zurück, hinter ihm an der Wand baumeln mehrere Kabelstränge, in kleinen Boxen hat er Widerstände gesammelt. "Ich mache manchmal Elektronik-Basteln", sagt er, wenn er darauf angesprochen wird und in Momenten wie diesen gleicht der kleine Raum eher einem Hobbykeller als einer Firma.
Sie heißt G10-Code und der Name deutet auf die linke Vergangenheit von Koch hin, die auch erklärt, warum er so handelt: Er ist idealistisch. Der Name bezieht sich auf Artikel 10 des Grundgesetzes. In diesem wird geregelt, unter welchen Umständen Geheimdienste in Deutschland in das Fernmeldegeheimnis eingreifen dürfen. In linken Kreisen, erzählt Koch, hätten viele Aufkleber auf ihre Briefe geklebt. "Da stand drauf: 'Der Inhalt entspricht der freiheitlich-demokratischen Grundordnung.' Ich hatte sogar einen Stempel dafür". Seine heutige Arbeit ist ähnlich - das Sicherstellen des Briefgeheimnisses - nur eben auf digitalem Weg.