Trägt die Zukunft Taucherbrille? 2016 wird das Jahr, in dem Millionen von Menschen erstmals mit Hilfe monströs anmutender Digitalbrillen in die virtuelle Realität (VR) eintauchen werden. Und die Technologie-Branche ist überzeugt, dass die Geräte trotz ihrer gewöhnungsbedürftigen Ästhetik endlich salonfähig werden.
Noch befindet sich die Technik in ihrer Frühphase. Wer einen Helm aufsetzt oder sein Smartphone in eine Brillen-Halterung steckt, kommt sich noch nicht vor wie in der simulierten Wirklichkeit, wie wir sie aus Science-Fiction-Szenarien wie dem Holodeck von "Star Trek" kennen. Und doch ist der Wow-Effekt schon da, wenn der Träger plötzlich am Strand sitzt oder schwerelos durch die Tiefen eines virtuellen Ozeans zu schweben scheint und animierte Fische über, unter, hinter und neben sich beobachten kann.
Meetings könnten überflüssig werden
Das alles ist bei Weitem nicht perfekt, doch das Versprechen einer bislang nicht gekannten Nähe und Unmittelbarkeit unterscheidet VR von bekannten Medien wie Fernseher und Smartphone - und beflügelt die Fantasie. "Tele-Präsenz wird eine völlig neue Bedeutung erhalten", schwärmt Hao Li von der University of California. Treffen im virtuellen Raum versetzen Video-Chats in die dritte Dimension und schließen damit die letzte Lücke, die in der vernetzten Welt noch zwischen Menschen besteht.
Dass sich Facebook das VR-Start-up Oculus im Frühjahr 2014 für zwei Milliarden US-Dollar sicherte, ist eine Wette auf diese Zukunft, die auch das Geschäftsleben ändern könnte: Lange und anstrengende Reisen zu Meetings könnten theoretisch überflüssig werden. Selbst der Besuch von Bildungseinrichtungen wäre nicht mehr von der physischen Entfernung abhängig. Und Echtzeit-Videotechnologien wie Periscope, die gerade erst Fuß fassen, können bei sinkenden Hardware-Preisen Live-Anwesenheit an jedem Punkt der Erde ermöglichen, an dem die Internet-Bandbreite ausreicht.
Firmen wettstreiten um die neue Kundengruppe
Diese neue Technologie ist die noch unbesiedelte Welt, um die gerade eine Reihe von Hightech-Giganten kämpft: Sie wollen die Plattform für die künstliche Realität werden und haben deshalb für die kommenden Monate Hardware angekündigt: Nach Samsungs Smartphone-Halterung Gear VR wird die Facebook-Tochter Oculus im Frühjahr ein vollwertiges Headset ("Rift") auf den Markt bringen, das allerdings einen leistungsstarken PC benötigt. Gleiches gilt für das Konkurrenzprodukt Vive, an dem das Spielestudio Valve gemeinsam mit dem angeschlagenen Hardware-Hersteller HTC bastelt. Sony erweitert seine Playstation-Konsole ebenfalls um einen VR-Helm, dazu kommen die bereits erhältliche Billig-Lösung Google Cardboard, das erste Mini-Einblicke in die Realität der Zukunft erlaubt, und das offene VR-Betriebssystem OSVR, das vom Gaming-Hardware-Produzenten Razer unterstützt wird.