Verkaufsstopp:"Vater des iPods" soll Google Glass retten

Google Glass

Datenbrille ohne Durchblick: Google Glass wird vorerst vom Markt genommen.

(Foto: Filip Singer/dpa)
  • Der Verkauf der Datenbrille Google Glass wird eingestellt. Ab Montag wird die erste Version vom Markt genommen.
  • Nach anfänglicher Euphorie hatte das Projekt in letzter Zeit nur noch Schlagezeilen gemacht, wenn über die Bedrohung für die Privatsphäre diskutiert wurde. Hinzu kamen technische Probleme.
  • Die Entwicklung wird in eine eigenständige Abteilung ausgegliedert. Den Neustart betreut Tony Fadell, der als einer der Erfinder von Apples iPod gilt.

Die erste Version der Datenbrille Google Glass wird nur noch bis Montag verkauft, danach beendet Google das Betaprogramm. In einem Posting bei Google+ teilte das Unternehmen mit, damit werde das Projekt nicht eingestellt, sondern lediglich grundlegend überarbeitet. Zukünftige Versionen der Brille würden vorgestellt, "wenn sie fertig sind", eine genauere Zeitangabe machten die Entwickler nicht.

Mitgründer Sergey Brin hatte das Projekt auf der Entwicklermesse Google I/O im Juni 2012 vorgestellt und galt als zentrale treibende Kraft hinter Glass. Die Computerbrille mit Kamera, Internet-Anschluss und einem kleinen Bildschirm über dem rechten Auge sorgte anfänglich für Begeisterung bei vielen Tech-Enthusiasten, in jüngster Zeit war das öffentliche Interesse jedoch deutlich zurückgegangen.

Eine "Waffe zur Verletzung von Persönlichkeitsrechten"

Schlagzeilen machte Google Glass nicht mehr mit Fortschritten bei der Entwicklung, sondern mit der kontroversen Diskussion über Privatsphäre und Datenschutz. In Amerika entstand der Begriff "Glasshole" für die Träger der Brille, aber auch in Deutschland gab es viele kritische Stimmen. So nannte der schleswig-holsteinische Datenschutzbeauftragte Thilo Weichert Google Glass eine "Waffe zur Verletzung von Persönlichkeitsrechten".

Hinzu kamen technische Probleme: Obwohl die erste Version überarbeitet wurde, kämpfte sie bis zum Schluss mit kurzen Batterielaufzeiten und wurde im Betrieb zu warm. Mittlerweile decken Smartphones viele der Funktionen von Google Glass ab, die zum Zeitpunkt der Markteinführung noch als revolutionär galten. Im Bereich der Wearables scheinen derzeit eher Smartwatches der nächste Entwicklungsschritt zu sein, auf intelligente Brillen müssen interessierte Verbraucher wohl noch mindestens bis Ende des Jahres warten.

Im Zuge des nun auslaufenden "Explorer"-Programms wurde die Brille für rund 1500 Dollar angeboten und an einige zehntausend Test-Nutzer vor allem in den USA verkauft. Die Kooperationen mit Unternehmen und Software-Entwicklern sollen weitergehen, hieß es. Google vermarktete Glass zuletzt stärker als Werkzeug für spezialisierte Aufgaben am Arbeitsplatz, in Deutschland laufen Projekte zum Beispiel in der Autobranche.

Ein Apple-Entwickler soll das Projekt retten

Google Glass war bisher beim Forschungslabor Google X angesiedelt, jetzt wird das Projekt in eine eigene Abteilung ausgelagert. Den Neustart betreut der ehemalige Apple-Manager Tony Fadell, der als "Vater des iPods" gilt. Außerdem ist er Mitgründer von Nest, des Herstellers vernetzter Thermostate, den Google vor einem Jahr für über drei Milliarden Dollar übernahm.

Die bisherige Glass-Projektleiterin Ivy Ross soll die operative Führung der Sparte behalten, werde aber Fadell unterstehen. Möglicherweise bedeutet der Schritt eine Abkehr von der bisherigen Vorgehensweise, Test-Nutzern ein noch weitgehend unfertiges Produkt in die Hand zu geben, statt es erst intern zur Marktreife zu führen. Die ersten Versuche mit Glass hätten gezeigt, was für Verbraucher und Unternehmen wichtig sei, sagte Fadell dem Technologie-Blog The Verge.

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