US-Wahl:Zuckerberg wehrt sich gegen Vorwurf, Facebook habe die Wahl beeinflusst

Lesezeit: 3 min

Key Speakers At The Techonomy 2016 Conference

Mark Zuckerberg auf der Techonomy-Konferenz in Half Moon Bay, Kalifornien.

(Foto: Bloomberg)

Donald Trump wird US-Präsident: Spielte Facebook dabei eine Rolle? Ja, sagen Kritiker. Zuckerberg nennt die Vorwürfe "crazy". Wie scheinheilig.

Von Hakan Tanriverdi, New York

Es ist ein erstaunlicher Satz, der Mark Zuckerberg auf der Konferenz Techonomy über die Lippen gekommen ist. "Ich persönlich glaube, die Überzeugung, dass Fake-Nachrichten auf Facebook die Wahl in irgendeiner Art und Weise beeinflusst haben könnten, ist verrückt." (In diesem Video zu sehen ab Minute 12:30.)

Damit redet Mark Zuckerberg den Einfluss seines Milliarden-Unternehmens klein. Inhalte, die auf seinem Netzwerk geteilt werden, seien für Menschen nicht weiter relevant. Klicks, die nichts bedeuten. Zuckerbergs Worte sind der Versuch, vor der Verantwortung zu fliehen, mit der sich Facebook spätestens jetzt auseinandersetzen muss.

Werbung ist relevant, Politik nicht?

Klicks, die nichts bedeuten? Für Werbetreibende und deren Inhalte hat das Unternehmen eine ganz andere Botschaft: "Mit Werbung auf Facebook suchen Sie aus, welche Art von Personen Sie erreichen wollen und wir leiten Ihre Anzeigen weiter. Dadurch wird die Werbung für jene Personen, die sie sehen, relevanter und bringt Ihnen echte Resultate." Mit diesem Versprechen macht Facebook jedes Jahr einen Milliardengewinn.

Geht es um Werbung, ist das Unternehmen nach eigenen Angaben also sehr einflussreich. So einflussreich, dass Facebook weiß, wenn Menschen offline Produkte einkaufen, für die sie zuvor Werbung im Internet gesehen haben. Geht es um politische Inhalte, ist es nach Angaben des Facebook-Chefs dagegen "verrückt" zu glauben, das Unternehmen könnte Einfluss auf Menschen nehmen. Facebooks Macht, sie schwankt - je nachdem, wie es Zuckerberg gerade in den Kram passt.

Ist Facebook für Trumps Sieg mitverantwortlich?

Zuckerberg äußerte sich zwei Tage nachdem Donald Trump zum US-Präsidenten gewählt wurde. Denn seither sind zahlreiche Artikel erschienen, in denen Facebook - mal mehr, mal weniger direkt - vorgeworfen wird, für den Sieg Trumps mitverantwortlich zu sein. Facebook ist dabei eine von vielen Parteien, die nun schuldig gesprochen werden. (Eine vollständige Übersicht der mutmaßlich "Schuldigen" gibt es hier.)

Zuckerberg hat von Fake-Nachrichten gesprochen. Recherchen von Buzzfeed haben ergeben, dass Artikel, die auf "hyperparteiischen" Facebook-Seiten geteilt werden, häufig frei erfunden sind oder teilweise Fakten mit falschen Informationen mischen. Das traf auf 38 Prozent aller Posts zu, die von rechten Facebook-Seiten kamen (666 Posts wurden analysiert). Für Seiten, die von Buzzfeed als links eingestuft wurden, lag die Zahl bei knapp 20 Prozent.

Die Haupterkenntnis der Untersuchung: "Der einfachste Weg, um ein Publikum für politische Inhalte auf dem größten Netzwerk der Welt zu erreichen, ist, faktische Berichterstattung zu meiden. Stattdessen sollte an parteiische Tendenzen appelliert werden." Man solle Menschen das erzählen, was sie hören wollen, unabhängig davon, ob es der Wahrheit entspricht.

Publikum in zweistelliger Millionenhöhe

Genau das passiert auf Facebook. Die Geschichten der hyperparteiischen Seiten haben "ein Publikum, das gigantisch ist: mehrere zehn Millionen Menschen", resümiert die New York Times.

Der Ansatz, lieber auf Fiktion zu setzen statt auf Fakten, ist mittlerweile so erfolgreich, dass Teenager aus einer Kleinstadt in Mazedonien damit gutes Geld verdienen, wie eine weitere Recherche von Buzzfeed ergab. Diese Teenager schreiben faktisch falsche "Nachrichten", die im Anschluss auf Facebook hunderttausendfach geteilt werden (selbst Artikel der New York Times finden nicht ansatzweise so viel Verbreitung). Die Teenager schreiben ihre Geschichten über Trump und für ein US-Publikum, weil sie wissen, dass Facebook-Nutzer in den USA für Werbetreibende wertvoller sind.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema