US-Geheimdienst:NSA erklärt, eigene E-Mails nicht zu finden

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Zerfallende NSA-Infrastruktur auf dem Teufelsberg in Berlin: Ähnlich renovierungsbedürftig soll auch das E-Mail-System der Behörde sein (Foto: REUTERS)

Die NSA überwacht Millionen Menschen auf der ganzen Welt. Wenn es um die eigenen E-Mails geht, ist es mit den technischen Fähigkeiten des Abhördienstes aber offenbar nicht weit her. Der Militärnachrichtendienst könne alte E-Mails nicht so leicht wiederfinden, da das NSA-System "antiquiert und archaisch" sei.

Die NSA, das muss man nach den Enthüllungen der vergangenen Wochen annehmen, verfügt über außerordentliche Überwachungsfähigkeiten. In riesigen Serverfarmen speichert die Behörde Verbindungsdaten und Kommunikationsinhalte, die Algorithmen anschließend teilweise automatisiert nach auffälligen Verhaltensmustern durchsuchen.

Wenn es hingegen um die eigenen Daten geht, scheint die NSA technisch deutlich schlechter ausgestattet zu sein. Als der amerikanische Journalist Justin Elliott kürzlich Auskunft über die gesamte E-Mail-Korrespondenz von NSA-Mitarbeitern mit einem Fernsehsender bekommen wollte, weil er die Berichterstattung merkwürdig fand, erhielt er von der Behörde eine überraschende Antwort.

"Es gibt derzeit unglücklicherweise keine zentrale Methode, nach einer E-Mail zu suchen", ließ eine Sprecherin des Geheimdienstes mitteilen. Das E-Mail-System sei "ein wenig antiquiert und archaisch". Um Auskunft zu erhalten, möge der Journalist bitte konkret benennen, um welche der 30.000 NSA-Mitarbeiter es sich handle, forderte die NSA.

Journalist fordert weitere Informationen

Eine der größten Überwachungsbehörden der Welt ist nicht in der Lage, ihre eigenen E-Mails zu durchsuchen. Kann das stimmen? Oder ist es nur ein Vorwand? Elliott ist sich damit offenbar selbst nicht so sicher und hat von der Behörde weitere Informationen angefordert. Bislang ohne Erfolg.

Unter amerikanischen Journalisten führt das seltsame Verhalten der Behörde nun zu einer Debatte. Der Freedom of Information Act garantiert US-Bürgern weitreichende Auskunftsrechte und gibt Fragestellern mehr Rechte als das deutsche Informationsfreiheitsgesetz. Davon profitieren auch Journalisten in den USA. Mark Caramanica, Sprecher des Reporters Committee for Freedom of the Press, sagte, er halte es für "verblüffend", dass eine Behörde, die weltweit die Kommunikation von Millionen Menschen überwache, nicht in der Lage sei, Auskunft über ihre interne Kommunikation zu geben.

Vielleicht aber ändert sich das ja in Zukunft. In Utah baut die NSA für fast 900 Millionen US-Dollar derzeit ein neues, gigantisches Datenzentrum. "Wenn irgendjemand das Geld haben wird, digitale Kommunikation auszuwerten, dann ist es um Himmels Willen die NSA", sagte die Dekanin der Journalistenschule an der University of Maryland, Lucy Dalgish, zu Pro Publica.

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