Umstrittenes Projekt in China:Cisco und HP sollen Überwachungsstadt aufbauen

500.000 Kameras wollen chinesische Behörden in der Stadt Chongqing installieren, angeblich zur Bekämpfung von Verbrechen. Die Technik dafür sollen westliche Unternehmen liefern. Menschenrechtler reagieren empört - doch das Geschäft ist gesetzlich erlaubt.

Der weltgrößte Netzausrüster Cisco prüft laut einem Zeitungsbericht die Teilnahme an einem gigantischen Kameraüberwachungsprojekt in China. Auch der Computerriese Hewlett-Packard könnte Server oder Speicher-Technik liefern, berichtete das Wall Street Journal unter Berufung auf informierte Personen.

Umstrittenes Projekt in China: Die chinesische Millionenmetropole Chongqing soll mit 500.000 Kameras ausgestattet werden. Handelt es sich dabei um ein Infrastrukturprojekt oder eine Überwachungsmaßnahme?

Die chinesische Millionenmetropole Chongqing soll mit 500.000 Kameras ausgestattet werden. Handelt es sich dabei um ein Infrastrukturprojekt oder eine Überwachungsmaßnahme?

(Foto: AFP)

Die Stadt Chongqing will mehr als 500.000 Videokameras auf Straßen und öffentlichen Plätzen installieren. Die Behörden betonen, sie seien lediglich zur Bekämpfung der Kriminalität gedacht. Kritiker warnen, dass das Netz auch zur Verfolgung Andersdenkender genutzt werden könne.

Cisco könnte zu dem Projekt mit dem Titel "Friedliches Chongqing" die Netzwerk-Technik beisteuern, die für ein so großes und komplexes Kamera-System entscheidend sei, schrieb die Zeitung weiter. Cisco sei von dem chinesischen Sicherheitsunternehmen Hikvision Digital Technology angesprochen worden, das die Federführung bei dem Projekt habe.

Ein Cisco-Sprecher betonte auf Anfrage der Zeitung lediglich, dass der US-Konzern keine Videokameras oder Videoüberwachungslösungen für staatliche Infrastrukturprojekte in China geliefert habe.

Hikvision-Präsident Hu Yangzhong sagte der Zeitung, die Kameras sollen an ein Datennetzwerk angeschlossen werden, das Cisco bereits in der Stadt aufbaue. Dies sei Teil eines weltweiten Cisco-Projekts, bei dem Informationstechnologie bei der Lösung lokaler Probleme in Verkehr, Gesundheitswesen oder Bildung helfen soll.

Überwachung oder Verbrechensbekämpfung?

Das riesige Kameranetz solle lediglich zur Verbrechensbekämpfung dienen, bekräftigte Hu. "China hat ein sehr ernstes Problem mit der öffentlichen Sicherheit." Menschenrechtsaktivisten wie Amnesty International betonen jedoch, China nutze systematisch die Bilder der in Städten installierten Videokameras, um Regimekritiker zu überwachen.

Der für die China-Strategie zuständige HP-Manager Todd Bradley sagte dem Journal, der Konzern verlasse sich auf die Zusicherungen der Chinesen zum Zweck des Kamerasystems: "Wir nehmen sie beim Wort, was die Nutzung angeht."

Nach der blutigen Niederschlagung der Proteste auf dem Platz des Himmlischen Friedens in Peking 1989 ist es US-Unternehmen zwar untersagt, reine Sicherheitstechnik wie Fingerabdruck-Scanner nach China zu liefern. Geräte wie Kameras, die zu verschiedenen Zwecken verwendet werden können, fallen aber nicht darunter.

Bereits heute 300.000 Kameras

Das System soll dem Bericht zufolge 2,4 Milliarden Dollar kosten. Davon bringe die Stadtregierung 800 Millionen auf. Woher der Rest komme, bleibe unklar. Laut der Spezialsoftware-Firma Intergraph, die ebenfalls an dem Kamera-Projekt teilnehmen könnte, sollen die Videobilder Polizeirevieren und anderen Behörden zugänglich gemacht werden.

Ein aktuelles System sei so veraltet, dass die Polizei "lediglich" die Bilder von 15.000 der aktuell bereits installierten 300.000 Kameras online abrufen könne. Chongqing zählt zu den großen chinesischen Millionen-Metropolen.

Der regionale Parteichef Bo Xilai ist einer der aufstrebenden Polit-Stars in China, er holte in Chongqing zu einem Schlag gegen Korruption und organisierte Kriminalität aus und deckte dabei auch enge Bande zwischen Kommunistischer Partei und Unterwelt auf.

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