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Umstrittene Tracking-Methode:Wie Nutzer über mehrere Geräte verfolgt werden

Smartphones gelten zurecht als Wanze in der Tasche des Nutzers. Wozu die Werbeindustrie das verwenden kann, zeigt eine neue Tracking-Methode.

Von Friedhelm Greis, golem.de

Das sogenannte Cross-Device-Tracking ist derzeit eines der großen Themen in der Werbeindustrie. Je mehr elektronische Geräte ein Nutzer besitzt, desto genauer wollen die Werbefirmen wissen, welche Anzeigen er mit welchem Gerät anschaut und wie diese zusammengehören. Firmen wie Facebook können eine solche geräteübergreifende Verfolgung dadurch erzielen, dass sich die Nutzer auf PC, Smartphone oder Tablet jeweils mit ihrem Account anmelden müssen. Dass dies mit technischen Methoden auch anders geht, zeigt ein Verfahren des indischen Startups Silverpush.

Schaut sich ein Nutzer beispielsweise eine Werbung auf seinem Fernseher oder PC an, wird ein Tonsignal im Ultraschallbereich (audio beacon) über den Lautsprecher ausgegeben. Eine auf dem Smartphone installierte App kann dieses Signal erkennen und damit die Verknüpfung herstellen. Das Perfide daran: Silverpush gibt nicht bekannt, welche Apps dieses Verfahren verwenden. "Es gibt keine Möglichkeit für Nutzer, diese Art von Cross-Device-Tracking zu deaktivieren", warnt das Center for Democracy and Technology (CDT) in Washington in einem Schreiben an die US-Regulierungsbehörde FTC.

Sechs bis sieben Apps sollen die Technik nutzen

Laut einem indischen Medienbericht von April 2015 wurde die Technik zu diesem Zeitpunkt bereits von sechs bis sieben Apps genutzt, womit 18 Millionen Smartphones erreicht werden konnten. Getränkefirmen, Automobilhersteller und E-Commerce-Unternehmen sollen nach Angaben von Silverpush-Gründer Hitesh Chawla zu den Kunden gehört haben. Auf seiner Website wirbt das Unternehmen unter anderem mit den Logos von Google, Nestle, McDonald's und Disney.

Chawla versicherte jedoch in einem Gespräch mit Techcrunch, dass keine normalen Audiodaten erfasst würden. Die App sende lediglich einen Identifizierungscode zur Verbindung der beiden Geräte an die Kunden. Laute Hintergrundgeräusche wie eine Klimaanlage störten die Erkennung des Tonsignals nicht. Das größte Hindernis sei die Entfernung zwischen zwei Geräten.

Inzwischen hat auch FTC die Bedeutung des Themas erkannt und wollte sich in einem Workshop am 16. November damit befassen. Nach Ansicht des CDT ein notwendiger Schritt. Denn jüngsten Umfragen zufolge hätten inzwischen 91 Prozent der US-Bürger das Gefühl, die Kontrolle darüber verloren zu haben, wie ihre persönlichen Daten gesammelt und genutzt würden. Unternehmen wie Flurry hätten beispielsweise ihre Tracking-Software in 350.000 Apps platziert und könnten 1,2 Milliarden Geräte verfolgen, um detaillierte Nutzerprofile zu erstellen. Indem die FTC sinnvolle Industrierichtlinien vorgebe und intransparente Praktiken untersuche, könne sie den US-Amerikanern dabei helfen, ihre Privatsphäre besser zu kontrollieren, fordert das CDT.

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