Umstrittene Internet-Statistikdienste:Datenschützer sperrt sich selbst

Hamburgs oberster Datenschützer Johannes Caspar klagt über Online-Statistikdienste wie Google Analytics - und setzte sie auf seiner eigenen Seite ein.

Nach einer Panne im Umgang mit den Nutzerinformationen hat die Datenschutzbehörde in Hamburg am Donnerstagabend ihre eigene Website vorerst vom Netz genommen. Dort war ein weit verbreiteter Online-Statistikdienst im Einsatz, der nach Auffassung der Datenschützer gegen das Telemediengesetz verstößt.

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Internet-Statistikdienste wie Google Analytics werten das Surfverhalten der Nutzer aus - auch auf der Seite des Hamburger Datenschutzbeauftragten.

(Foto: Tim Brakemeier/dpa)

Vom Regelverstoß hatte die Behörde nach eigenen Angaben am Montag erfahren. Am Dienstag hatte der Rechtsanwalt Thomas Stadler in einem Blogeintrag auf das Problem hingewiesen.

Die umstrittenen Tracking-Dienste analysieren die Besucherströme auf Websites und liefern unter anderem der Medienbranche Zahlen fürs Werbegeschäft. Der Hamburger Datenschutzbeauftragte Johannes Caspar ließ zudem seine persönliche Seite auf der Web-Präsenz der Universität Hamburg abschalten, wo er als Lehrbeauftragter tätig ist.

Dort kommt der Tracking-Dienst Google Analytics zum Einsatz. "Wir setzen hiermit ein Zeichen gegen ein flächendeckendes System des Web-Tracking und den gläsernen User", erklärte Caspar am Freitag.

Stein des Anstoßes ist ein Verfahren zur Reichweitenmessung von Online-Portalen, das die Informationsgemeinschaft zur Feststellung der Verbreitung von Werbeträgern (IVW) betreibt. Dieses kommt auf zahlreichen Websites in deutschsprachigen Internet zum Einsatz. Das Verfahren entspricht nach Einschätzung von Caspar nicht dem Gesetz, weil die IP-Adressen der Nutzer vollständig übertragen werden. Datenschützer fordern eine Anonymisierung.

Anpassung bis Juli

Die IP-Adresse ist eine Zahlenfolge, die den Computer im Internet identifiziert. Der Geschäftsführer von Hamburg.de, Georg Konjovic, betonte aber in einem Blogeintrag, die IP-Adressen würden nicht gespeichert, sondern nur genutzt, um die Herkunft der Besucher zu ermitteln.

Caspar erklärte, seine Behörde werde zunächst von Schritten gegen den Anbieter absehen, weil dieser seinen Dienst bis Juli 2011 an die rechtlichen Vorgaben anpassen wolle. "Der Anbieter braucht einen gewissen Zeitraum zur Umstellung. Ich bin bereit, das abzuwarten", sagte er.

Die Datenschutzbehörde hatte den Fall nach eigenen Angaben seit März 2010 geprüft und am Montag die Bestätigung erhalten, dass die Datenverarbeitung nicht gesetzeskonform verlaufe. Die Hamburger Behörde hat mit www.datenschutz-hamburg.de eine eigene Web-Adresse, der Internet-Auftritt lief aber über die Seite Hamburg.de.

Es sei nicht gelungen, mit den Betreibern eine "zeitnahe Umsetzung unserer Rechtsauffassung zu erreichen", daher habe man den Internet-Auftritt vorerst eingestellt. Derzeit wird auf die Website www.datenschutz.de umgeleitet. Die Datenschutzbehörde der Hansestadt ist in Deutschland für Google zuständig.

Datenschutz und ökonomische Interessen

Sie hatte jüngst die Verhandlungen mit dem Unternehmen über den Statistik-Dienst Analytics abgebrochen. Einer der Vorwürfe ist, dass Google nicht alle IP-Adressen anonymisiert.

Caspar erneuerte seine Kritik an Tracking-Diensten: "Die Speicherung von IP-Adressen und die Verwendung von Cookies auf den PCs ermöglichen eine tiefgreifende Analyse des Nutzerverhaltens und müssen den rechtlichen Vorgaben entsprechen."

Der Datenschutz dürfe nicht ökonomischen Interessen untergeordnet werden. Die Verantwortung für den Einsatz der Tracking-Dienste tragen zwar die Website-Betreiber, Caspar hält aber eine Anpassung der Software für wirkungsvoller und sieht deren Hersteller in der Pflicht.

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