Umkämpfter Smartphone-Markt:Warten aufs neue iPhone

Smartphones mit Googles Betriebssystem Android werden die am Freitag beginnende Internationale Funkausstellung in Berlin dominieren. Dennoch schauen Experten und Konsumenten gebannt darauf, wann es Neues von Apple geben wird.

Helmut Martin-Jung

Die Welt der Handys ist alles andere als gerecht, und weil das so ist, reduziert sich kurz vor der Internationalen Funkausstellung (Ifa) in Berlin für viele die Frage, welches Handy man denn kaufen sollte, auf diese zwei Anbieter: Apple oder Samsung? Dass gerade diese beiden es sind, die auch auf dem Feld des Patentrechts erbittert kämpfen, ist natürlich reiner Zufall.

Die Kunden indes entscheiden eindeutig: Fast drei Viertel der Kunden interessieren sich nur noch für Smartphones, allein in Deutschland sollen bis Jahresende 23 Millionen Stück verkauft werden. Auf dem Weltmarkt beherrschen die beiden Giganten Apple und Samsung knapp die Hälfte des Gesamtmarktes (153,6 Millionen Geräte), weitere Hersteller folgen mit deutlichem Abstand. Im zweiten Quartal setzte Apple nach Zahlen der Beratungsfirma Gartner knapp 29 Millionen iPhones ab - 12,6 Prozent weniger als im ersten Quartal. Samsung verkaufte etwa eineinhalb Mal so viele Smartphones, Tendenz steigend.

Der treibende Faktor für den Erfolg des südkoreanischen Konzerns war die Smartphone-Reihe Galaxy S. Erstmals entwickelte sich um das Flaggschiff Galaxy S3 ein ähnlicher Hype wie es ihn regelmäßig bei Apple-Neuvorstellungen gibt. Bereits in den ersten beiden Monaten seit Verkaufsstart Ende Mai wurden davon mehr als zehn Millionen Geräte abgesetzt. Damit wird eines klar: Der Druck auf Apple, mit dem nächsten iPhone, das für September erwartet wird, einen Knüller zu landen, ist enorm gewachsen.

Apples technischer Vorsprung ist dahin

Die Frage, die wie immer Fans und Fachpresse bewegt, ist, wie. Der technische Vorsprung, den Apple mit dem ersten iPhone noch für sich beanspruchen konnte, ist dahin. Erwartet wird, dass Apple dem Trend zu immer größeren Bildschirmen nachgibt; auch beim sprachgesteuerten Assistenzsystem Siri ist noch Luft für Verbesserungen. Apple hat sich zudem vom Kartenanbieter Google getrennt - auch hier wird man Neues erwarten dürfen.

Doch viele Konkurrenten bauen mittlerweile Smartphones, die - wenn man nur die Technik betrachtet - zumindest dem aktuellen iPhone in nichts nachstehen. Die meisten dieser Anbieter haben allerdings sehr lange gebraucht zu verstehen, dass dies alleine nicht reicht. Das iPhone ist auch deshalb so beliebt, weil es eingebunden ist in das beste, wenn auch nicht das billigste, Inhalte-System. Zusatzprogramme, Musik, Filme, alles lässt sich spielend leicht managen. Und Software-Updates sind kein Problem.

Googles Strategie geht auf

Die Apple-Konkurrenten haben es schwer, dagegen anzukommen. Viele sind einfach zu klein, um all diese Dienste selbst aufzubauen. Zum anderen sind sie gebunden an einen Partner, der eine eigene Agenda verfolgt: Google. Für den Internetkonzern ist seine Strategie bisher glänzend aufgegangen. Wichtigstes Interesse ist es, möglichst viele Geräte mit Android auf den Markt zu haben.

Mit dem Betriebssystem, das auf der Basis von Linux geschrieben und mit viel Power im eigenen Haus weiterentwickelt wird, hat sich Google in wenigen Jahren mit großem Abstand die Spitzenposition bei den Smartphones gesichert. Im zweiten Quartal wurden laut Gartner 98,5 Millionen Geräte mit Android ausgeliefert, mehr als dreimal so viel wie Apple absetzen konnte (28,935 Millionen).

Das ist wichtig in einer Welt, die zunehmend mit mobilen Geräten kommuniziert. In dieser Welt will Google dabei sein, wenn es seine Marktführerschaft als Anbieter für Internetwerbung behalten will. Was aber, wenn man eben gerade jetzt vor der Frage steht, welches Smartphone hätten'S denn gern? Viele haben diese Frage schon beantwortet. Sie warten aufs neue iPhone, was den Rückgang der Verkaufszahlen erklärt. Doch schon das aktuelle iPhone kostet ohne Vertrag 600 Euro - so viel wollen viele nicht ausgeben. Es ist aber auch die Frage, ob man eintauchen will in Apples ziemlich gut abgedichtetes System. Ja, es funktioniert darin alles problemlos und auch meist selbsterklärend. Allerdings ist es eben auch nicht billig.

Nur fürs iPhone entwickelt kaum mehr jemand

Die Konkurrenz kann Ähnliches kaum anbieten, mit einer Ausnahme: Angesichts der Dominanz von Android können es sich die App-Hersteller kaum mehr leisten, nur fürs iPhone zu produzieren. Versionen für Android gibt es oft zeitgleich oder kurz nach der Variante für Apples iOS. Auch im Play Store - Googles Äquivalent zum Apple Store - tummeln sich mittlerweile Hunderttausende Apps.

Mit einem Android-Gerät ist man zwar technisch meist gut dabei, doch es gibt auch Nachteile. Die meisten Hersteller kreieren eine eigene Oberfläche für das Android-System, damit der Bildschirm von Handy A nicht genauso aussieht wie der von Handy B. Google aber stellt alle paar Monate eine neue Android-Version fertig. Die Kunden würden sie gerne haben, doch die Handy-Hersteller scheuen meist den Aufwand für Geräte, die schon etwas älter sind. Eines ist in jedem Falle sicher: Es dauert Monate, bis ein Update bereitgestellt wird. Und ein Android-Handy, Problem zwei, lässt sich nur dann sinnvoll nutzen, wenn man auch die Google-Dienste wie Maps, Navigation und Suche verwendet - womit man dem Konzern sehr viele Daten von sich preisgibt. Auf die haben es Kriminelle auch abgesehen, und sie tun sich beim Android-System bisher am leichtesten, wie Untersuchungen gezeigt haben.

Nokia und Microsoft tun sich schwer

Die Lücke könnten vielleicht die beiden angeschlagenen Firmen der Handywelt schließen: Nokia und Microsoft. Doch die Konzerne tun sich schwer. Nokia, lange der unangefochtene Herrscher, ist mittlerweile von Samsung auf Platz zwei verdrängt worden. Microsoft hatte es erst selbst mit einem Handy probiert (Kin) und war grandios gescheitert. Und dieses Jahr machte man es dem Partner Nokia schwer, indem man ankündigte, im Herbst ein völlig neu geschriebenes System auf Basis des PC-Systems Windows 8 zu bringen. Auch das steigert nicht unbedingt die Kauffreude der Konsumenten - bisherige Windows-Phone-7-Handys sind nämlich nicht kompatibel.

Dabei lässt sich das Windows-System sehr gut bedienen, sieht ansprechend aus. Allerdings gibt es viel weniger Apps, teilweise war auch die Hardware der Geräte einfach nicht gut genug. Der Herbst wird zeigen, ob die beiden es diesmal besser machen können. Da ist aber dann die Ifa längst vorbei und das neue iPhone aller Voraussicht nach auch schon auf dem Markt.

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