Übersetzungsprogramme fürs Smartphone:App gewordene Science-Fiction-Fantasien

Lesezeit: 4 min

Alle Übersetzungsprogramme fürs Smartphone testen? Kann man vergessen. Doch selbst unter den besten Apps gibt es gravierende Unterschiede. Manche arbeiten noch wie im Mittelalter, andere kommen den Fantasien von Science-Fiction-Autoren schon sehr nahe. Ein Überblick.

Thorsten Riedl

Fürs Smartphone gibt es zahlreiche Übersetzungs-Apps. Einige erinnern an Werkzeuge in Science-Fiction-Romanen. (Foto: Bloomberg)

Captain Kirk hatte den Universal Translator, Arthur Dent seinen Babelfisch - und wir unsere Smartphones. Okay, gleich zugegeben, der Einstieg ist von den Kollegen der USA Today geliehen, bekommen sie später wieder zurück, versprochen. Der Vergleich ist aber auch zu schön für das Thema Sprache, genauer: fremde Sprache.

Die Kollegin von USA Today konzentriert sich im Artikel auf drei kleine Programme für Smartphones, die ohne Datenverbindung zu nutzen sind. Meine Idee: ein Überblick über die aktuellen Möglichkeiten von Übersetzungs-Apps. Kann man vergessen. Forget it. Vergeet het. Beim mobilen Betriebssystem iOS von Apple finden sich bei der Suche nach "Translate" hunderte Treffer. Bei den Kollegen des Android-Lagers unter Google sind es ebenso viele verschiedene Programme, die das Schlagwort für sich verbuchen. Also habe ich mir die gängigste Software angeschaut, die in den App-Stores schon gute Bewertungen erhalten hat und auf den oberen Plätzen der Rangliste steht.

Es finden sich zunächst die Langweiler: Apps, die ein Wörterbuch an Bord haben. Ihr großer Vorteil liegt darin, dass sie auch ohne Datenverbindung Ergebnisse liefern. Apps von Pons oder Langenscheidt gehören in diese Kategorie. Stupid macht diese Programme der Fakt, dass sich in aller Regel nur einzelne Worte nachschlagen lassen. Das ist quasi Technik von gestern oder genauer gesagt aus dem Mittelalter, als erste Wörterbücher auf Papier aufkamen.

Deutlich moderner kommen Apps daher, bei denen sich ganze Sätze eingeben lassen. Man kennt das Prinzip vom Computer. Wer hat noch nicht auf Babelfish oder Google Translate ein oder mehrere Sätze eingegeben, sie in eine andere Sprache übersetzen lassen, dann wieder zurück - und sich über den Unfug gefreut? "Als ein kurzer Text hier das wird als ein kleines Beispiel dienen" - im Ursprung hieß dieser Satz vor der Google-Übersetzung von Deutsch nach Russisch et retour übrigens: So wie der kurze Text hier, der als kleines Beispiel dienen soll. Eigentlich gar nicht so übel.

Konverstionsmodus als Pluspunkt

Für kurze, einfache Sätze im Urlaub etwa lassen sich Programme wie Babylon für Android oder iTranslate+ für Apple-Geräte gebrauchen. Das Schöne: Der zu übersetzende Text muss bei allen diesen Apps nicht mehr umständlich über die virtuelle Bildschirm-Tastatur eingegeben werden, er lässt sich direkt einsprechen. Babylon hat die Besonderheit, einen Text zu übersetzen, der allein per Copy + Paste markiert wurde. In der Benachrichtigungsleiste des Google-Handys findet sich dann die Definition. iTranslate+ punktet mit einem Konversationsmodus.

Klarer Vorteil: Mit solchen Programmen funktioniert das Smartphone wirklich fast so gut wie der Universal Translator von James T. Kirk. Man selbst spricht einen Text ein, sagen wir in Deutsch, die App gibt die Übersetzung in beispielsweise Japanisch aus. Der freundliche Japaner, der uns den Weg weist, spricht seine Antwort in seiner Muttersprache in unser Smartphone. Die Übersetzung folgt in Deutsch. Und mit etwas Glück ist der Wegsuchende danach nicht "Lost in Translation".

Spracherkennung zumindest befriedigend

Die Erkennungsrate bei Sprache ohne vorheriges Training ist bei allen getesteten Apps mindestens befriedigend, teilweise sogar erstaunlich hoch. Die Programme greifen dazu auf Spracherkennungssoftware zurück, die auf einem Server irgendwo in einem Rechenzentrum installiert ist. Klarer Nachteil dieses Cloud-Ansatzes: eine Datenverbindung ist ein Muss. Im Ausland kann das schnell teuer werden, im außereuropäischen Ausland sogar ruinös.

Sprache, schön und gut, doch wer je versucht hat, ein Strassenschild in Thai oder Chinesisch zu entziffern, weiß, dass dieser Ansatz seine Grenzen hat. Google Translate unter iOS oder Word Lens, erhältlich für iOS und Android, löst dieses Problem elegant: Die eingebaute Kamera verleiht dem Smartphone Augen.

Augmented Reality kommt zum Einsatz

Word Lens hat den spektakuläreren Ansatz und sorgte vor einiger Zeit schon für einen regelrechten Hype. Dieses Video erläutert die Funktionsweise recht gut. Das Programm zeigt die Realität, angereichert mit computergestützten Informationen, also Augmented Reality. Wer das Smartphone auf ein Schild in fremder Sprache, die Menü-Karte im Restaurant oder eine ausländische Zeitungsseite hält, bekommt das Bild mit eingeblendeter Übersetzung. Das funktioniert nicht perfekt, allerdings so gut, dass es auf der Party für einen Aha-Effekt sorgt. Größtes Manko des Programms ist sicherlich, dass es nur vier Sprachen unterstützt: Englisch nach Italienisch, Spanisch oder Französisch und zurück. Jedes Sprachpaket kostet vier Euro. Deutsch? Fehlanzeige.

Google Translate für Android-Geräte ist kostenlos und erkennt deutlich mehr Sprachen, mehr als 50 nämlich - via Texteingabe, Sprache und viele neu auch über die Handy-Kamera. Das Programm ist damit das Vielseitigste im Testfeld. In der jüngsten Version lässt sich nun auch der Text auf - zum Beispiel gerade eben erst - geschossenen Fotos übersetzen. Nach einem Fingerstreich über die Textstelle auf dem Bild, erkennt die Google-Software das Geschriebene recht genau und liefert fix das Ergebnis.

Kommt bald der Weltfrieden?

Was fehlt zum Glück? Klar, der Babelfisch, der kleine, gelbe, aal-förmige Fisch aus "Per Anhalter durch die Galaxis", also die Simultanübersetzung. NTT Docomo soll daran schon arbeiten. Ich selbst habe schon vor einiger Zeit bei Cisco eine Videokonferenz zwischen einem Amerikaner und einem Chinesen verfolgt, in der die Konversation beider in ihrer jeweiligen Muttersprache vom Computer in Echtzeit übersetzt wurde. Noch handelt es sich um Pilotsysteme - aber lange wird es zur Erfüllung des Traums unzähliger Science-Fiction-Autoren nicht mehr dauern. Die Smartphones werden beständig leistungsfähiger, die mobilen Internetzugänge zu den High-End-Systemen im Hintergrund für Sprach- und Bilderkennung sowie Übersetzung schneller und schneller.

Und dann kommt der Weltfrieden? Denn durch das Wegfallen der Sprachbarrieren hat der Universal Translator dafür gesorgt. So geht die Geschichte zumindestens bei Raumschiff Enterprise. Arthur Dent wäre das egal. Sein kleiner, blauer Planet musste bekanntlich einer Hyperraum-Umgehungsstrasse weichen. Die Erde wurde von einer Vogonen-Bauflotte gesprengt - trotz Entdeckung des Babelfish.

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