Übernahme von Nest Labs:Google kauft sich ein bisschen Zukunft

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Nest Labs Google

Mit dem Smartphone bedienbar: Das Thermostat von Nest Labs

(Foto: AFP)

Google kauft mit Nest Labs einen Hersteller von Thermostaten und Rauchmeldern? Für 3,2 Milliarden Dollar? Das ist weniger verrückt als es klingt. Der Konzern verschafft sich damit den Zugang zu vielen neuen Kundendaten.

Von Pascal Paukner, San Francisco

Es ist erst ein paar Tage her, da hatte Matt Rogers seinen großen Auftritt. Während der Consumer Electronics Show in Las Vegas ließ sich der Unternehmer in einem frisch lackierten und blank polierten Feuerwehrtruck durch die Gegend fahren und gab darin The Verge, einem der wichtigsten amerikanischen Technikmagazine ein Interview. Die Botschaft des imposanten Auftritts war eindeutig: Tatütata! Achtung, Achtung! Hier kommen wir!

Jetzt, nur vier Tage später, ist klar, dass dies keine Übertreibung war. Denn auf einmal bestimmt Rogers mit seiner Firma Nest Labs die Schlagzeilen auf der ganzen Welt: Google will das Unternehmen, das intelligente Haushaltselektronik herstellt, für 3,2 Milliarden Dollar (2,34 Milliarden Euro) aufkaufen. Noch müssen zwar die Federal Trade Commission und das Justizministerium dem Deal zustimmen, doch das gilt nur als Formsache.

Für Rogers ist es der vorläufige Höhepunkt einer großen Erfolgsgeschichte, die 2010 in einer Garage im Silicon Valley begann. Dort in Palo Alto gründete er Nest Labs gemeinsam mit seinem früheren Kollegen Tony Fadell. Beide hatten zuvor bei Apple an der Weiterentwicklung des mobilen Musikplayers iPod gearbeitet. Jetzt wollten sie sich neuen Herausforderungen zuwenden. Herausforderungen, denen sich von den großen Technikfirmen im Valley noch keine angenommen hatte, die aber Millionen potenzielle Kunden versprechen: Thermostate an Heizungen.

Wann fühlt sich ein Bewohner wohl? Das entscheidet das Thermostat

Fadell hatte beim Versuch, sich am Gebirgssee Lake Tahoe im Grenzgebiet zwischen Kalifornien und Nevada ein energiesparendes Zuhause einzurichten, festgestellt, dass das Angebot an solchen Geräten erstaunlich mager ist. Dabei käme, so seine Meinung, diesen kleinen Temperaturreglern im Haushalt doch eine Schlüsselrolle zu. Schließlich entscheiden sie, wie warm es in der Wohnung ist. Und damit, wann der Bewohner sich dort wohl fühlt.

Also entwickelte er mit Rogers ein intelligenteres Thermostat. Ein Thermostat, das selbst weiß, wann es die Temperatur senken muss, weil der Besitzer gerade nicht zu Hause ist oder schläft. Ein Thermostat, das per Smartphone steuerbar und deshalb permanent an das Internet angeschlossen ist. Nest Labs wurde zu einem der Unternehmen, die daran arbeiten, dass nicht nur Computer und Telefone permanent mit dem Internet verbunden sind, sondern auch Alltagsgegenstände wie Thermostate und Feuermelder.

Solche Ideen zahlen sich jetzt aus. Es gibt derzeit viele Anzeichen dafür, dass in den kommenden Jahren eine massive Digitalisierungswelle die Wohnungen und Häuser der Industriestaaten erreichen wird. Auf der Technikmesse von Las Vegas waren jüngst eindrucksvoll die Vorboten dieser Entwicklung zu sehen. Investoren pumpen Milliarden in den Markt und mit Google steigt nun auch eines der wichtigsten Internetunternehmen offiziell ein.

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