GPS-Schnitzeljagd Geocaching:Mit dem Handy auf Schatzsuche

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Ausgerüstet mit navigationstauglichen Smartphones wird die Welt zum Spielfeld. Bis zu 10.000 Teilnehmer werden dabei zu Schatzsuchern, Zombies oder Mafia-Mitgliedern.

M. Brunnbauer

Mike Dombrowski arbeitet zurzeit als menschliche Beute. Er wird sich im Verlauf des Tages sechs Mal jagen lassen, 15 Minuten dauert eine Runde. In dieser Zeit müssen ihn seine fünf Gegenspieler in einem Gebiet von 800 Meter Radius in der Stuttgarter Innenstadt erwischen.

Schnitzeljagd per GPS

Schnitzeljagd per GPS ist inzwischen ein weltweites Phänomen geworden - der Phantasie ist dabei keine Grenzen gesetzt.

(Foto: ddp)

Eine Minute Vorsprung erhält er, dann geht es los. "Wir müssen uns aufteilen. Zwei direkt ihm nach, die anderen versuchen, jeweils von links und rechts den Weg abzuschneiden", rufen sich die Verfolger gegenseitig zu, während sie in drei unterschiedliche Richtungen ausschwärmen.

Der Clou: Alle sechs Mitspieler haben ein GPS-fähiges Handy zur Hand, das ihnen auf einer Straßenkarte die exakten Positionen der fünf Jäger sowie alle 90 Sekunden auch die Position des Gejagten anzeigt. Schafft es einer von ihnen, sich dem Gesuchten auf ein paar Meter zu nähern, haben sie gewonnen. Verstreichen die 15 Minuten, ohne dass das passiert, gewinnt Dombrowski.

Mr. X Mobile heißt das Spiel - eine kostenlos herunterladbare App für alle iPhones oder auf Android basierenden Geräte. "Wir haben versucht, die Idee des Brettspiels Scotland Yard auf die reale Welt zu übertragen", beschreibt Tobias Fromm, Projektleiter der Deutschen Telekom Laboratories, das Spielprinzip. Zusammen mit der Universität Bonn und der Firma Ravensburger entwickelte er das Handy-Spiel.

Der Telekom dient es vor allem als Vorzeigeanwendung, lässt sich damit doch spielerisch demonstrieren, was ein Smartphone, also eine Kombination aus Handy, Computer und GPS-System, dem potentiellen Kunden an neuen Möglichkeiten bietet. Die grundlegende Idee ist relativ simpel: Man verknüpft ein virtuelles Spielkonzept mittels GPS-Daten mit der realen Umwelt.

Neues Spielgenre per GPS

Programmierer und Spielentwickler arbeiten bereits seit rund zehn Jahren daran, die Welt zum Spielfeld zu machen. Als das amerikanische Militär im Jahr 2000 die künstliche Signalverzerrung des GPS-Systems abschaltete und damit die Erfassungsgenauigkeit von hundert auf zehn Meter verbesserte, legte es den Grundstein für ein neues Spielgenre.

Nur einen Tag später versteckte der Amerikaner Dave Ulmer einen schwarzen Plastikeimer in der Nähe der Stadt Portland und stellte dessen Koordinaten ins Internet.

Neben etwas Geld, ein paar Büchern und CDs war ein Logbuch enthalten, in das sich Finder eintragen konnten. Geocaching war geboren, eine Art virtuelle GPS-Schatzsuche und das erste bekannte Spiel, das auf einem Ortsbezug basierte. Mittlerweile gibt es weltweit rund 1,2 Millionen solcher Caches zu finden, allein 22.000 davon warten in Bayern auf ihre Finder.

Bei einigen reicht es aus, lediglich die richtigen Koordinaten zu erreichen, bei anderen dagegen muss man am Fundort noch Rätsel lösen. Hersteller von Navigationsgeräten wie Magellan oder Garmin haben den Markt für sich entdeckt und bieten mittlerweile speziell für die GPS-Schatzsuche entwickelte Navigationsgeräte an.

Vier Jahre nach der Erfindung des ersten Geocaches ging der amerikanische Künstler Jeremy Woods einen Schritt weiter. Er wollte das GPS-System selbst als Spiel benutzen. Also fuhr er durch die Straßen von Los Angeles und zeichnete mit einem GPS-Tracker seine Fahrlinie auf - ein 24 Quadratmeilen großes TicTacToe-Spielfeld. Abwechselnd mit einem Freund fuhr er dann durch das Spielfeld und malte virtuelle Kreise und Kreuze in die Straßen Hollywoods.

TicTacToe mit dem Auto

Nach 52 Meilen Autofahrt verlor Woods gegen seinen Freund, der drei Kreuze in einer Reihe entlang des Sunset Boulevard vollendet hatte. Zur gleichen Zeit hatte auch der Österreicher Thomas Winkler die Idee, virtuelle Spiele auf die Straße zu bringen. In seinem Spiel Tron:GPS werden die Bewegungen zweier Spieler als Linien auf einem Gitter dargestellt.

Diese Linien dürfen genau wie bei den futuristischen Motorrädern aus dem Spielfilm nicht gekreuzt werden. Dabei müssen die beiden Spieler rein theoretisch nicht mal in der gleichen Stadt sein. Selbst Spiele wie Pac-Man fanden ihren Weg auf die Straße. Ebenfalls noch 2004 organisierten Studenten der New York University Pac Manhattan, ein Pac-Man-Spiel in den Straßen New Yorks. Damals erhielten die als Geister und Pac-Man verkleideten Spieler jedoch noch ihre Befehle mündlich übers Telefon.

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