Süddeutsche Zeitung

Transparenzbericht:Facebook sperrt mehr Kommentare als je zuvor

  • Die Zahl der Hasskommentare, die Facebook in Deutschland blockiert, hat sich innerhalb eines halben Jahres verdoppelt.
  • Wie viele Hasskommentare Facebook komplett löscht, sagt das Unternehmen nicht.
  • Behörden wollen immer häufiger Nutzerdaten von Facebook bekommen. Weltweit stellten Behörden und Ermittler 46 000 Anfragen an Facebook.

Von Jessica Binsch

Facebook hat im zweiten Halbjahr 2015 in Deutschland fast doppelt so viele rechtswidrige Inhalte blockiert wie in den sechs Monaten davor. Das zeigen die jetzt veröffentlichten Zahlen im sogenannten Transparenbericht des Unternehmen. Dabei geht es um Inhalte, die gegen nationale Gesetze verstoßen und deswegen in dem betreffenden Land blockiert werden. In Deutschland gilt das etwa für die Leugnung des Holocaust.

Auch weltweit sperrte Facebook deutlich mehr Inhalte: Mehr als 55 000 Inhalte wurden blockiert. Im ersten Halbjahr 2015 waren es noch 20 500 Inhalte. Ein Großteil des Anstiegs geht allerdings auf ein einziges Foto zurück. Das Bild habe im Zusammenhang mit den Anschlägen in Paris gestanden, erklärte Facebook. Es sei auf Anfrage der französischen Behörden hin gesperrt worden, weil es gegen ein Gesetz zum Schutz der Menschenwürde verstoßen habe.

Facebook habe allein dieses Foto in 32 000 Fällen blockiert. Zu dem genauen Inhalt des Bildes gab das Unternehmen keine Informationen bekannt. Das Beispiel zeigt, wie schnell sich rechtswidrige Inhalte auf Facebook verbreiten können.

Holocaust-Leugnung: In Deutschland verboten, anderswo sichtbar

In Deutschland ist die Zahl der gesperrten Inhalte seit Anfang 2014 stark gestiegen. Die absoluten Zahlen bleiben allerdings niedrig. Im letzten Halbjahr 2015 wurden 366 Inhalte für Nutzer in Deutschland blockiert. In den sechs Monaten zuvor waren es mit 188 blockierten Inhalten etwa halb so viele. Im zweiten Halbjahr 2014 gab es 60 Blockierungen, im Halbjahr davor 34.

Gesperrte Inhalte verschwinden nicht vollständig von Facebook. Sie werden lediglich in einem Land blockiert. Das gilt zum Beispiel für die Leugnung des Holocaust oder für die Veröffentlichung von Hakenkreuzen, was in Deutschland verboten ist - in den USA zum Beispiel sind Hakenkreuze aber kein verbotenes Symbol.

Facebook blockiert die Inhalte auf Basis der IP-Adressen der Nutzer. Wer sich von Deutschland aus auf Facebook einloggt, bekommt die hier gesperrten Inhalte nicht angezeigt. Umgekehrt gilt: Nutzer in Deutschland können Inhalte sehen, die in anderen Ländern gesperrt sind. In der Türkei etwa wurden mehr als 2 000 Inhalte blockiert.

Die Zahl der Sperrungen sagt nichts darüber aus, wie viele Kommentare Facebook komplett löscht. Zahlen zu gelöschten Inhalten gibt das Unternehmen nicht bekannt. Facebook steht seit Monaten unter Druck, mehr gegen Hetze und Rassismus zu unternehmen. Im Herbst änderte das Online-Netzwerk die Auslegung seiner umstrittenen Community-Richtlinien und versprach, strenger gegen Androhungen von Gewalt vorzugehen.

Genaue Zahlen, wie viele Beiträge Nutzer als Verstöße an Facebook melden, und wie viele das Unternehmen tatsächlich entfernt, gibt es aber nicht.

Behörden wollen mehr Daten über Facebook-Nutzer

Ermittler wollen immer häufiger Informationen über Facebook-Nutzer bekommen. Zwischen Juli und Dezember 2015 stellten Strafverfolger und Behörden weltweit mehr als 46 000 Anfragen an das Unternehmen. Das waren 13 Prozent mehr als in den sechs Monaten zuvor.

An der Spitze bei den Behördenanfragen liegen die USA: Fast 20 000 Mal wollten US-Behörden und Gerichte Informationen von Facebook haben. Die US-Behörden wollten ihre Anfragen außerdem häufig geheim halten. In 60 Prozent der Fälle verpassten sie dem Unternehmen einen Maulkorb, so dass Facebook die betroffenen Nutzer nicht informieren durfte.

Deutsche Behörden und Ermittler wollten in 3140 Fällen Informationen über Nutzer haben, die Anfragen betrafen insgesamt 3628 Profile. In mehr als 40 Prozent der deutschen Fälle gab Facebook Informationen heraus.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.2973915
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ.de/mri/sih
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.