Süddeutsche Zeitung

Telekommunikation:Das Handy wird Funky

Neue Technik macht das Mobiltelefon zum Walkie-Talkie — ganz billig ist der Spaß allerdings nicht.

Von Andreas Grote

Moderne Handys telefonieren, machen Fotos, surfen im Internet oder spielen Musik. Nun hat T-Mobile als erster deutscher Netzbetreiber Handys vorgestellt, die sich wie Funkgeräte verwenden lassen. Push-to-Talk (PTT) heißt die Technik, die das Handy zum Walkie-Talkie macht, allerdings mit weitaus größeren Möglichkeiten als die Amateurfunkgeräte.

Mit einem PTT-fähigen Gerät wie dem Nokia 5140 lassen sich einzelne Personen oder Gruppen mit zehn Teilnehmern und mehr gleichzeitig mit einer Sprachnachricht auf ihrem Handy erreichen. "So kann der Polier auf der Großbaustelle mit seinen Arbeitern in Kontakt bleiben, Jugendlichen erlaubt das, sich schnell zu verabreden und auch Polizisten sollen sich im Stadioneinsatz untereinander verständigen", umreisst Husam Azrak von T-Mobile die möglichen Anwender.

Wie beim klassischen Walkie-Talkie wird hierfür eine spezielle Taste an der Außenseite gedrückt und die Nachricht in das Mikrofon gesprochen. Etwa eine Sekunde später kommt die Botschaft beim Empfänger an. Welche Personen diese empfangen sollen, wird zuvor in einer Teilnehmerliste auf dem Handydisplay festgelegt.

Dort ist auch ersichtlich, wer gerade erreichbar ist. Wie ein Walkie-Talkie ist PTT nur ein so genannter Halb-Duplex-Dienst: Während ein Teilnehmer spricht, sind die anderen blockiert und können nur zuhören. Verpasste PTT-Nachrichten werden nicht im Display angezeigt oder gespeichert.

Im Gegensatz zur beschränkten Reichweite echter Funkgeräte, funktioniert PTT bundesweit und auch im Ausland über das Mobilfunknetz, allerdings derzeit nur zwischen T-Mobile-Kunden.

Noch existiert kein netzübergreifender Standard, um PTT-Nachrichten an Teilnehmer in anderen Mobilfunknetzen zu verschicken. Das wird bis Mitte 2005 erwartet, wenn auch die anderen deutschen Netzbetreiber nachziehen.

Dann will auch T-Mobile nach der kostenlosen Testphase Geld verdienen: Während der Empfang von PTT-Nachrichten grundsätzlich gratis ist, kostet das Versenden pro Tag einen Euro oder im Monat 18 Euro. Für diese Pauschalen kann dann unbeschränkt "gepusht" werden.

Technisch nutzt PTT den Datendienst GPRS, über den auch MMS-Bildmitteilungen und Internet-Inhalte auf das Handy übertragen werden. Wer in den Dienst eingeloggt ist, erhält ähnlich wie bei der Einwahl ins Internet eine IP-Adresse, von der und an die PTT-Sprachdatenpakete gesendet werden.

Im Gegensatz zum Funkgerät, wo alle hören und sprechen, die auf die Frequenz eingestellt haben, sind bei PTT tatsächlich nur die vom Sender ausgewählten Teilnehmer beteiligt. Wer ständig empfangsbereit sein will, muss daher auch ständig über GPRS eingeloggt sein. "Allerdings ist es dann nicht mehr möglich gleichzeitig im Internet zu surfen", erklärt Husam Azrak.

Auch ist das Handy für ankommende Telefonate nicht erreichbar, wenn gerade eine PTT-Nachricht gesprochen oder empfangen wird. Anrufe werden dann geblockt oder auf die Mailbox umgeleitet. Analog gilt: Während eines Handytelefonats ist der PTT-Empfang deaktiviert.

In den USA boomt PTT bereits seit Jahren, vor allem im gewerblichen Bereich. In Europa hingegen setzen die Netzbetreiber auch auf junge Zielgruppen. Der Handyhersteller Motorola erwartet den Durchbruch von PTT bereits für 2005 und rechnet bis 2008 mit 90 000 Teilnehmern allein in Deutschland.

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Quelle:
SZ vom 2.12.2004
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