Technischer Fortschritt:Warten auf den Robo-Butler

Roboter wiegen viel und gelten als stark, doch im Vergleich zu biologischen Lebewesen leisten sie immer noch wenig. Zerplatzt der Traum von der computergesteuerten Haushaltshilfe?

Helmut Martin-Jung

Die Eiscreme in den Edelstahlbehältern bekommt schon flüssige Stellen, aber den Typen hinter der Theke ficht das nicht an. In größter Ruhe holt er sich erst mit der linken Hand einen Becher, stellt ihn ebenso gemächlich in eine Halterung, um dann mit der Rechten den Eislöffel wie in Zeitlupe erst auf einem Lappen abzuklopfen... Bloß gut, dass der Kerl nicht in einer richtigen Eisdiele arbeitet.

Fachmesse Automatica

Der Service-Roboter SmartPAL holt auf der Fachmesse Automatica ein Buch aus einem Regal. Zum Butler qualifiziert ihn das noch nicht.

(Foto: ag.ddp)

Nach gefühlt drei Minuten ist zwar die Eiskugel im Becher, aber schon halb geschmolzen, und den Löffel dazu muss man sich auch noch selbst aus einem Becher fischen. Natürlich ist es ein Roboter, der da auf der Messe Automatica in München zeigen soll, was er schon gelernt hat.

Und sofort ist man mittendrin in dem Dilemma, das diesen Zweig der Technik seit langem begleitet. Einerseits überrascht es, wie aus Metall und Kunststoffen, aus Seilzügen, Sensoren, Elektromotoren und jeder Menge Rechenpower etwas wird, das biologischen Systemen relativ nahe kommt. Aber je länger man zusieht, vielleicht noch an Filme wie Terminator denkt, umso klarer wird auch, was die Roboter trotz des gewaltigen Aufwandes alles nicht können.

Der Vorteil einer menschlichen Hand

Selbst die fortgeschrittensten mechanisierten Zweibeiner kommen kaum eine Treppe hoch, und das gehört noch zu den offensichtlichen Defiziten. Was man eher nicht glauben würde: "Ein Roboter", sagt Matthias Fuchs, "ist viel schwächer als ein Mensch." Fuchs arbeitet am Institut für Robotik und Mechatronik des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR). "Wie gut eine menschliche Hand ist", sinniert er, "merkt man erst, wenn man sie nachbaut."

Allein an den Seilen, die durch die Wurzel einer Roboterhand verlaufen, liegt in Summe Zug mit einer Kraft von 500 Kilogramm an. "Wir haben lange gesucht, bis wir überhaupt ein Material gefunden haben, aus dem die Seile gefertigt werden konnten", sagt Fuchs.

Roboter, wie sie in der Industrie eingesetzt werden, können zwar schon bis zu einer Tonne Last bewegen, doch die gewaltigen Apparaturen, die das schaffen, wiegen selbst das Fünffache. Ein menschlicher Arm dagegen ist nur ein paar Kilo schwer, kann aber ein Vielfaches davon tragen und muss nicht einmal nachgeölt werden.

Die Infrastruktur bekommt ein Sinnesorgan

Dass Roboter und andere autonome Systeme in der industrialisierten Welt in vielen Bereichen der Fertigung längst eingesetzt werden, im Alltag der Menschen aber kaum eine Rolle spielen, liegt jedoch nicht nur an den Beschränkungen des Materials.

Es hat auch damit zu tun, dass die Vernetzung dieser Geräte bei weitem nicht weit genug gediehen ist. So dass beispielsweise die Waschmaschine im Keller auf dem TV-Bildschirm, der gerade benutzt wird, melden könnte, dass sie ihre Arbeit getan hat.

Das will Alfons Botthof ändern. Bei der VDI/VDE Innovation und Technik leitet er im Auftrag des Bundeswirtschaftsministeriums die wissenschaftliche Begleitforschung unter anderem für das Projekt Autonomik.

Ziel von insgesamt zwölf recht unterschiedlichen Vorhaben ist es, das vielbeschworene Internet der Dinge zur Realität werden zu lassen, also, wie Botthof das sagt, der Infrastruktur Sinnesorgane zu verleihen. Ein Schiffscontainer mit verderblicher Ladung könnte dann nicht bloß Auskunft darüber geben, wo er gerade ist, sondern auch, welchen Temperaturschwankungen er während des Transports ausgesetzt war.

Die Roboter der Zukunft

Das Problem, vor dem man derzeit steht, ist, dass Dinge wie Container keine Schnittstelle haben, über die beispielsweise die Funketiketten an der Ladung ihre Informationen weitergeben könnten. Oft behelfen sich Firmen heute damit, dass sie die gesamte nötige Intelligenz in die einzelnen Geräte selbst hineinpacken, aber gerade das führt nicht zum Ziel, ist sich Botthof sicher: "Es muss nicht jedes Gerät alles können."

Er setzt stattdessen darauf, zur Vernetzung Standards zu nutzen, möglichst solche, die es bereits gibt. So wie etwa den von Intel und Sony begründeten Standard Digital Living Network Alliance (DLNA).

Er sorgt dafür, dass Geräte der Unterhaltungselektronik sich wenigstens auf einem kleinen gemeinsamen Nenner miteinander verständigen können, auch wenn sie von unterschiedlichen Herstellern stammen. Einen neuen Standard solle man nur dann schaffen, wenn es wirklich unumgänglich sei.

Wann kommt der Robo-Butler für daheim?

Doch was ist mit den lange versprochenen Helfern für den Haushalt? Wann endlich kommt der Butler für daheim, den zu bezahlen man kein englischer Lord sein muss? "Das Problem", sagt Alfons Botthof, "ist die Kognition" - zu erkennen also, wie sich der potentielle Helfer in der jeweiligen Situation verhalten soll.

Das setzt nicht bloß voraus, dass der Roboter seine Umwelt dreidimensional wahrnimmt. Er muss auch in Echtzeit entscheiden können, ob und - wenn ja - wie er reagieren soll. Das gelingt Justin zwar schon ganz gut. Mit seinen vier Kameras erfasst er einen Ball, und wenn man ihn nicht zu fies wirft oder das Licht die Kameras nicht blendet, fängt ihn der Roboter auch auf.

Justin kann Schranktüren öffnen, eine Kaffeepad-Maschine bedienen. Doch um das zu ermöglichen, braucht das mit Standard-Roboterarmen des Augsburger Herstellers Kuka ausgerüstete Forschungsprojekt der DLR gleich vier ausgewachsene Computer, die mit zentimeterdicken Kabelbäumen untereinander verbunden sind.

Einer dieser Computer ist nur dafür zuständig, die verschiedenen Systeme zu koordinieren, mit denen die restlichen drei ihre Daten übertragen.

Das hohe Gewicht macht Probleme

Und selbst wenn all die praktischen und technischen Probleme gelöst wären - das hohe Eigengewicht der Blechtrottel zum Beispiel -, es blieben immer noch genügend andere übrig. Wer etwa ist verantwortlich, wenn ein Roboter einen Schaden verursacht, wie steht es um Sicherheit der vielen Daten, die schließlich über Funkschnittstellen übertragen werden? "Das handelt man sich damit alles ein", sagt Projektleiter Botthof.

Er ist dennoch überzeugt, dass autonome Systeme in der Zukunft eine größere Rolle spielen werden. "Heute ist der Bereich, in dem Roboter arbeiten, oft noch mit einem Band abgesperrt", sagt er, aber in Zukunft werde der Roboter einfach dazugehören. "Man wird mit ihm zusammenarbeiten, ohne dass es fixierte Bahnen gibt."

Noch jedenfalls legen die Ingenieure auf ein Detail ihrer autonomen Geräte nach wie vor größten Wert: Den Schalter für das Not-Aus. Bei Justin gibt es sogar drei unterschiedliche Wege, ihn anzuhalten, wie Mitentwickler Fuchs sagt. Sicher ist sicher.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: