Suchmaschinen Google und Bing:Problem Suchtreffer-Spam

Fließband-Produzenten von Internet-Inhalten schaffen es immer häufiger, in den Top-Treffern bei Google und Co. aufzutauchen. Erstmals werden deshalb Zweifel an den Algorithmen der Suchmaschinen laut.

Michael Moorstedt

Es kracht mal wieder gewaltig zwischen Google und Microsoft. Das wäre an sich nicht weiter verwunderlich. Kabbeleien zwischen den Branchengrößen gehören zum Geschäft.

Bündnis Microsoft und Yahoo gegen Google

Internet-Suchmaschinen sind unbestechlich, aber ihre Ergebnisse beeinflussbar. Inzwischen nimmt dies aber überhand, sagen Kritiker.

(Foto: dpa)

Der wirtschaftliche Wettbewerb ist ein ständiges Kräftemessen, Provozieren und Revier markieren. Der Streit um angeblich geklaute Such-Algorithmen, den die beiden Konzerne gerade austragen, war jedoch ein Stellvertreter-Konflikt.

In Wahrheit ging es um die Frage, wie mit der Flut an Internetseiten umzugehen sei, die sogenannte Content-Fabriken wie Demand Media immer stärker in die Trefferlisten von Google und Bing drücken.

Nicht das Weltgeschehen oder findige Redakteure bestimmen nämlich die Themen, die von den Demand-Media-Mitarbeitern geschrieben werden. Es ist die kühle Logik eines Algorithmus, der sich aus Suchanfragen speist.

Die Auffindbarkeit der eigenen Webpräsenz auf den ersten Plätzen der großen Suchmaschinen ist schon lange das einträglichste Geschäft im Netz. Entscheidend für den Erfolg dieser Methode ist die möglichst hohe Platzierung der eigenen Inhalte in den Trefferlisten. Je höher der Rang, desto mehr Werbegeld lässt sich mit den Texten verdienen.

Auch über diese Frage entscheiden die Rechner von Demand Media. Wenn ihnen ein Thema profitabel genug erscheint, wird es automatisch auf den internen Seiten des Unternehmens ausgeschrieben. Jeden Tag warten mehr als 100.000 Aufträge auf Autoren, die sich ihrer annehmen.

Fließband-Content führt zu Unmut

Und jeden Tag werden mehr als 5000 Texte produziert. Beliebig sind dabei nur die Themen - von Kochrezepten bis zur Frage "Wie lerne ich Wellenreiten" ist so gut wie alles abgedeckt.

Das mag banal klingen, ist aber ein Geschäftsmodell, das notorischen Online-Optimisten wie Jeff Jarvis noch bis vor einigen Monaten als Antwort galt auf die ewige Frage, wie denn nun im Internet mit Inhalten Geld verdient werden könne.

Der Plan schien aufzugehen: Auch große US-Verlage wie Hearst ließen sich Textteile billig zuliefern und kurz nach dem Börsengang vor zwei Wochen wurde der Wert des Unternehmens mit 1,9 Milliarden Dollar angesetzt. Damit übertrifft es die New York Times um fast 500 Millionen Dollar.

In letzter Zeit ist das Geschäft mit dem Fließband-Content allerdings zu erfolgreich geworden. Unmut wird laut. Der größte Kritikpunkt, dem sich Demand Media und Mitbewerber wie Mahalo, Squidoo oder die Yahoo-Tochter Associated Content ausgesetzt sehen, ist aber nicht die Bezahlung ihrer freien Mitarbeiter im Leibeigenen-Stil.

Profitabel statt nützlich

Auch der eher erbärmliche Erkenntniswert, den eine überwältigende Mehrheit der von den Firmen veröffentlichten Artikel aufweist, wäre nicht allzu schlimm. Es ist vielmehr die Tatsache, dass man kaum noch um sie herumkommt. Durch geschickten Aufbau und Querverlinkung, die sogenannte Search Engine Optimization (SEO), werden die Inhalte immer höher aufgelistet. Nicht mehr das nützlichste Angebot steht an erster Stelle, sondern das profitabelste.

Für manchen ist der Inhalte-Spam durch SEO neben Viren und knapp werdenden IP-Adressen das größte Ärgernis, dem sich Internetnutzer momentan gegenübersehen. Denn für den Großteil der Nutzer konstituiert sich die Welt eben aus den ersten fünf Seiten einer Suchanfrage, egal ob nun bei Google oder Bing.

Das Problem betrifft bislang vor allem das englischsprachige Netz. Doch die ersten Nachahmer gibt es auch hierzulande. Auch der Marktführer will nachziehen: Demnächst wolle man nach Deutschland expandieren, sagte Demand-Media-Mitgründer Shawn Colo im vergangenen Jahr. Es klang fast wie eine Drohung.

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