StudiVZ und MeinVZ vor dem Aus:Es hat sich ausgegruschelt

StudiVZ war einmal das größte soziale Netzwerk Deutschlands und wollte Facebook Konkurrenz machen. Nun scheint das Projekt am Ende zu sein. Die Zugriffszahlen sinken rapide. Aus dem einstigen Trio mit MeinVZ könnte allein SchülerVZ übrig bleiben. Dazu braucht es aber ein neues Konzept.

Malte Conradi

Am 1. April dieses Jahres hatten sie es mal wieder allen gezeigt. Jeder VZ-Nutzer, der an jenem Sonntag seinen Computer startete, konnte es sehen: Die Webseiten StudiVZ, SchülerVZ und MeinVZ gab es noch, weiterhin konnten sich Nutzer hier registrieren und austauschen. In einer Branche, in der sonst mit zumindest zweistelligen Wachstumsraten geprahlt wird, reichte den VZ-Machern schon das eigene Überleben zur Genugtuung. Man ist bescheiden geworden bei dem Unternehmen, das einst Facebook herausfordern wollte.

In den Wochen zuvor hatte die Webseite "www.wannstirbtstudiVZ.net" für Spannung gesorgt, die anhand der rapide fallenden Nutzerzahlen das Ende der VZ-Seiten im März vorhersagte. Und siehe da: Die hämischen Betreiber der Seite mussten ihre Prognose korrigieren, inzwischen geben sie den VZ-Seiten noch eine Gnadenfrist bis zum Frühjahr 2013. Doch auch damit dürften sie falsch liegen. Die Hinweise verdichten sich, dass es StudiVZ, SchülerVZ und MeinVZ jedenfalls in ihrer bisherigen Form schon bald nicht mehr geben wird.

Es begann mit Gerüchten in Foren und Blogs aus dem Umfeld des Netzwerks, in der Berliner VZ-Zentrale würden Stellen gestrichen. Dann wurden die Gerüchte schnell konkreter, und die Anzahl der angeblichen Kündigungen stieg - auf inzwischen 25. Das hört sich harmlos an, gewinnt aber an Bedeutung, wenn man weiß, dass in der ehemaligen Backfabrik am Prenzlauer Berg zuletzt ohnehin nur noch 70 Mitarbeiter beschäftigt waren.

Beim VZ-Eigentümer, dem Stuttgarter Verlagshaus Holtzbrinck, will man sich zu den Gerüchten nicht äußern. "Kein Kommentar", jedenfalls bis Montag, da gebe es große Neuigkeiten zur Zukunft des Unternehmens.

Und dann hat man doch noch etwas zu verkünden: Das gesamte Technikteam der VZ-Gruppe werde in eine eigenständige GmbH ausgegliedert. Auf der Internetpräsenz des neuen Unternehmens ist schon zu lesen, wozu das gut sein soll: Die ehemaligen VZ-Techniker sollen weltweit die Verlage und Inhalte-Anbieter der Holtzbrinck-Gruppe unterstützen. Da liegt der Verdacht nahe, dass sich die Stuttgarter die Dienste der umworbenen Programmierer und Entwickler im Falle eines VZ-Endes sichern wollen. Auch hierzu kein Kommentar von Holtzbrinck, nicht vor Montag.

Mehr Verzweiflung als Strategie

Nach Informationen des Fachmagazins Werben und Verkaufen droht sowohl StudiVZ als auch MeinVZ noch in diesem Jahr das Ende. Zu stark habe Facebook den beiden Plattformen in den vergangenen Jahren die Nutzer abgejagt. Eine Zukunftschance sieht das Magazin einzig für SchülerVZ, ein Netzwerk, das sich an zehn- bis 19-jährige Nutzer wendet: "Insbesondere in Hinblick auf das Thema Bildung, das die Verlagsgruppe Holtzbrinck zu einem ihrer Zukunftsthemen erklärt hat." Allerdings müsse sich das Netzwerk stärker in diese Richtung spezialisieren, um sich von Facebook abgrenzen zu können. Erst vor wenigen Tagen allerdings wurden Facebooks Überlegungen bekannt, künftig auch Kinder als Mitglieder zu umwerben.

So steckt hinter den Umbauplänen wohl eher Verzweiflung als Strategie. Erst im vergangenen September hatte die VZ-Gruppe ihre Seiten renoviert. Man wollte damit der erdrückenden Konkurrenz von Facebook entgehen und in Nischenmärkten wachsen. Holtzbrinck versuchte, mit Daten- und Jugendschutz sowie mit speziell auf junge Zielgruppen zugeschnittenen Angeboten Nutzer zurückzuholen. Ein messbares Ergebnis brachte das nicht. Die Zugriffszahlen haben sich seither mehr als halbiert, von insgesamt 104 Millionen monatlich auf inzwischen nicht einmal mehr 50 Millionen. Angesichts solcher Zahlen verwundert es kaum, dass seit Monaten über ein Ende des einstmaligen deutschen Marktführers spekuliert wird. Noch vor zwei Jahren zählte er 460 Millionen Zugriffe im Monat. Dann begann der rasante Aufstieg von Facebook - und mit ihm der ebenso rasche Niedergang der VZ-Gruppe.

Ausgerechnet der Erfolg des großen Konkurrenten aus Kalifornien hätte der Verlagsgruppe Holtzbrinck einen sagenhaften Deal bereiten können - wenn sie denn nur zugegriffen hätte: Keine zwei Jahre, nachdem sie die VZ-Seiten Anfang 2007 für kolportierte knapp 100 Millionen Euro gekauft hatte, soll Facebook-Gründer Mark Zuckerberg angeboten haben, die Deutschen zu übernehmen - für fünf bis zehn Prozent der Facebook-Anteile. Deren Wert beim Börsengang im Mai: fünf bis sieben Milliarden Dollar.

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