Studie zeigt Defizite:IT-Standort Deutschland nur Mittelmaß

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Die Situation ist nicht schlecht, könnte aber besser sein: Der IT-Standort Deutschland belegt im internationalen Vergleich Platz sechs - das zeigt eine auf dem IT-Gipfel in München vorgestellte Studie. Die Branche nutzt die Gelegenheit und fordert die Politik zum Handeln auf. Die Wünsche: Ausbau des Breitbandnetzes, mehr Fachkräfte aus dem In- und Ausland sowie ein neues Datenschutzgesetz.

Nur mittelmäßige Noten für Deutschlands Informations- und Telekommunikationstechnik (IKT): Das Marktforschungsinstitut TNS Infratest hat eine Studie vorgestellt, die die führenden 15 IKT-Standorte vergleicht. Beurteilt wurde in 23 Kriterien, in denen jeweils 100 Indexpunkte erreicht werden konnten. Im Gesamtergebnis erhielt Deutschland wie Schweden 56 Prozent des bestmöglichen Werts.

Beim 6. Nationalen IT-Gipfel in München werden die Anregungen einer Expertengruppe diskutiert. (Foto: dapd)

Auf Platz 1 des Rankings steht wie im Vorjahr Südkorea, das 70 Prozent erreichen konnte, gefolgt von den USA, Großbritannien, Dänemark und Japan; das Schlusslicht ist erneut Indien mit 24 Prozent. Im vergangenen Jahr erreichte Deutschland 57 Prozent, landete damit aber nur auf Platz 7.

Spitzenwerte erreicht die deutsche IKT-Wirtschaft in keinem Feld; am besten schneidet sie bei der Internet-Werbung ab: Mittlerweile werden hierzulande 29 Prozent aller Werbeumsätze mit dem Internet erzielt (Platz drei im Ranking). Deutschland ist außerdem der viertgrößte Standort für Informations- und Telekommunikationstechnik nach Umsätzen - das entspricht einem Weltmarktanteil von 5,1 Prozent.

Vergleichsweise schwer haben es in der Bundesrepublik soziale Netzwerke: Während in Indien und China 83 Prozent aller Internetnutzer bei Facebook und Co. angemeldet sind, wagte in Deutschland bislang erst die Hälfte aller User diesen Schritt. Auch bei der Nutzung der Informationstechnik in der öffentlichen Verwaltung (E-Government) gibt es hierzulande Nachholbedarf: 83 Indexpunkte bedeuten Rang zehn.

Wie das besser werden kann, versuchen Branchenvertreter mit Handlungsempfehlungen für die Politik aufzuzeigen. Gefordert wird unter anderem, den innovativen Mittelstand als herausragende Stärke weiter auszubauen. Solche Unternehmen müssten immer öfter global und branchenübergreifend kooperieren, was einer "industriellen Strukturrevolution" gleichkäme: In Deutschland operierten kleine und mittlere Unternehmen bisher typischerweise im Inland.

Konkret helfen könne die Politik außerdem mit besseren Finanzierungsmöglichkeiten für Start-Ups und steuerlichen Anreizen für die Bereitstellung von Risikokapital.

Ein Problem ist auch in der Branche der Informations- und Telekommunikationstechnik der Fachkräftemangel: Die Branchenvertreter empfehlen, die Bildungsausgaben anzuheben und eine "gesteuerte Zuwanderung qualifizierter Fachkräfte" aus dem Ausland zu beschleunigen. Die Gruppe fordert außerdem, das Breitbandnetz flächendeckend auszubauen, Forschungsausgaben steuerlich zu begünstigen und branchenübergreifende Wachstumsfelder wie IT-Sicherheit, Cloud Computing und Eingebette Systeme fokussiert zu fördern.

Der Parlamentarische Staatssekretär im Wirtschaftsministerium, Hans-Joachim Otto, sprach sich auch für eine Reform des Datenschutzgesetzes aus: "Unser jetziges Datenschutzgesetz ist aktualisierungs- und renovierungsbedürftig", sagte Otto. "Wir können die Menschen nur dann mitnehmen, wenn sie sicher sein können, dass ihre Daten nicht missbraucht werden."

Ob und wie diese Empfehlungen umsetzbar sind, wird heute auf dem IT-Gipfel in München diskutiert. Zu den Teilnehmern des Gipfels gehören Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP), Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) und Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP). Auf Seiten der Wirtschaft sind unter anderen der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Telekom, René Obermann, und die Chefin von IBM Deutschland, Martina Koederitz, dabei.

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