Streit zwischen Gema und Youtube:Kein Ende in Sicht

Gema gegen YouTube

Gema und YouTube im Dauerstreit. Seit Jahren können sich die Kontrahenden nicht über die Vergütung von Musikern einigen.

(Foto: picture alliance / dpa)
  • Zwei Urteile im Streit zwischen der Verwertungsgesellschaft Gema und Googles Videoportal Youtube legen nahe: Die Prozesse werden in die nächste Instanz gehen.
  • Gema und Youtube streiten seit Jahren darüber, wie Künstler vergütet werden sollen, deren Musik auf dem Onlineportal abrufbar ist.
  • Gerichte in München und Hamburg haben nun festgelegt: Youtube muss keinen Schadensersatz an die Gema zahlen, wohl aber dafür sorgen, dass illegale Angebote gesperrt werden, von denen das Portal Kenntnis erlangt.

Von Mirjam Hauck

Gema versus Youtube: Über sechs Jahre dauert der Streit nun schon zwischen dem Musikrechteverwerter und der Google-Tochter. Seit sechs Jahren werden die Gerichte beschäftigt, weil sich die beiden nicht einigen können, wie eine angemessene Entlohnung der Künstler aussieht. Während Youtube in mehr als 20 Ländern bereits Vereinbarungen mit Musikrechteverwertern geschlossen hat, tobt in Deutschland noch immer ein erbitterter Kampf. Youtube weigert sich zu zahlen, was die Gema fordert: mindestens 0,375 Cent pro abgespieltem Lied.

Der alte Nutzungsvertrag ist am 1. April 2009 ausgelaufen.Verhandelt wird derzeit nicht: Vielmehr beschäftigt der Streit mittlerweile drei Gerichte und er wird es aller Voraussicht auch noch länger tun. Innerhalb von zwei Tagen haben jetzt zwei Gerichte, das Landgericht München und das Oberlandesgericht in Hamburg, Urteile gefällt, beide haben eine Revision zugelassen.

In München hatte die Gema Youtube auf 1,6 Millionen Euro Schadensersatz verklagt. Die Verwertungsgesellschaft verlangte 0,375 Cent für jeden Abruf bestimmter Musikvideos durch Internetnutzer. Auf der Grundlage von exemplarisch ausgewählten 1000 Titeln hat die Gema einen Streitwert von rund 1,6 Millionen Euro errechnet.

Im am Dienstag gefällten Urteil bestätigte das Gericht nun den Status von Youtube als so genannten Hostprovider, also als technische Online-Plattform, die für Inhalte, die Nutzer hochladen, nicht unmittelbar verantwortlich ist. Die Klage der Gema wurde vollständig abgewiesen. Zudem stellte das Landgericht München klar, dass es keinerlei Zahlungsverpflichtung von Youtube gegenüber der Gema für von Nutzern hochgeladene Inhalte gibt.

Täter oder Störer

In Hamburg musste das Oberlandesgericht ebenfalls klären, ob Youtube als Plattformbetreiber für die Inhalte auf seiner Seite haftet und wie die Plattform sicherstellt, dass urheberrechtlich geschützte Inhalte dauerhaft unzugänglich bleiben. Gemeinsam verhandelt wurden hier die Klagen der Gema und eines Musikproduzenten, der die Sängerin Sarah Brightman vertritt. Im vorangegangen Urteil von 2012 hatte das Hamburger Landgericht entschieden, dass Youtube im juristischen Sinn kein Täter sei, die Plattform nur als "Störer" angesehen könne. Die Google-Tochter haftet also nur dann, wenn das Unternehmen gegen die Prüfpflicht verstößt. Wenn Youtube Urheberrechtsverletzungen von der Gema gemeldet werden, muss es die Inhalte aber sofort löschen. Und Maßnahmen einführen, die künftige Urheberrechtsverletzungen verhindern.

Das OLG Hamburg hat am Mittwoch dieses erstinstanzliche Urteil weitgehend bestätigt. Youtube gilt weiterhin nur als "Störer", der Dienst mache sich laut Gericht die Inhalte nicht zu eigen. Youtube ist nicht verpflichtet, die Inhalte zu überwachen oder selbst nach illegalen Tätigkeiten ihrer Nutzer zu forschen. Wenn die Plattform aber auf eine klare Rechtsverletzung hingewiesen werde, müsse sie das Angebot sperren. Allerdings reiche es bei angezeigten Urheberrechtsverletzungen nicht aus, das Video zu sperren. Youtube müsse dann seinen Prüfpflichten nachkommen und auch gleichartige Videos entfernen. Zudem gibt es einen Auskunftsanspruch des Rechteinhabers. Youtube muss ihm mitteilen, wer das illegale Video hochgeladen hat.

Enttäuschung über das Urteil

Der Hamburger Rechtsanwalt Clemens Rasch, der die Kreativwirtschaft zu Rechtsfragen zum Internet berät, zeigte sich enttäuscht über das Urteil. "Ich hätte mir gewünscht, dass das OLG Youtube im juristischen Sinne als Täter ansieht. Sie verdienen das Geld mit den Videos." Die starke Betonung der Prüfpflichten durch das Gericht sei aber eine gute Sache, allerdings könnte sich die Google-Tochter den Aufwand sparen, wenn sie die Künstler endlich angemessen entlohnen würde, argumentiert der Anwalt.

Gema-Sieg in München

Im Mai hatte die Gema in zweiter Instanz in München einen Etappensieg verbucht: Das OLG München bestätigte der Verwertungsgesellschaft, dass der berüchtigte Text auf den Sperrtafeln, die Youtube statt zahlreicher Musikvideos einblendet, irreführend war. Bis zum erstinstanzlichen Urteil 2014 wies Youtube in der Ansicht, die der Nutzer anstatt des Videos sah, darauf hin, dass die Gema die "erforderlichen Musikrechte nicht eingeräumt hat". Jetzt heißt es, das Video könne "Musik enthalten, über deren Verwendung wir uns mit der Gema nicht einigen konnten." Allerdings ist das betrübte rote Strichgesicht dabei immer noch zu sehen und das Video gesperrt.

Christophe Muller, Director Global Music Partnerships bei Youtube, sagt: "Wir möchten uns gerne mit der Gema einigen. Den deutschen Musikschaffenden entgehen solche Einnahmen derzeit leider, da ihre Inhalte nicht verfügbar sind. Wir laden die Gema zu Gesprächen ein, um gemeinsam eine Lösung zu finden, statt vor Gericht danach zu suchen." Thomas Theune, Direktor Sendung und Online der Gema sagt: "Da YouTube aber durch die wirtschaftliche Auswertung von Musikwerken erhebliche Einnahmen erzielt, ist es unser Ziel, dass Youtube letztlich auch eine angemessene Vergütung für die Nutzung der Werke unserer Mitglieder entrichtet, wie es andere Musikdienste am Markt auch tun. Nur so kann sichergestellt werden, dass die Kreativen auch im digitalen Zeitalter von ihrer schöpferischen Tätigkeit leben können."

Bis zu einer endgültigen Einigung könnten also noch Jahre vergehen. Bei allen Streitfällen wurde die Revision zugelassen. Ein Ergebnis erscheint erst dann möglich, wenn der Europäische Gerichtshof letztinstanzlich entscheiden hat - oder wenn sich beide Parteien doch noch auf einen Nutzungsvertrag einigen.

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