Strategiespiel Projekt Grün:Klimarettung per Mausklick

Computerspieler müssen ständig die Welt retten - vor Aliens, Nazis oder Terroristen. Jetzt gibt es einen neuen Gegner: den Treibhauseffekt.

Markus C. Schulte von Drach

Wenn es doch nur so einfach wäre, die Welt zu retten. Man übernimmt die Kontrolle über einen ganzen Kontinent und baut Produktionsstätten und Kraftwerke.

Öko Simulator: Projekt Grün

Zerbrechlicher Pixel-Planet: Im Spiel "Öko Simulator: Projekt Grün" dürften wir versuchen, den Klimawandel zu verhindern

Man baut ein wenig Kohle ab und sucht nach Öl und Gas. Darüber hinaus erfreut man die Bevölkerung mit einem Gesundheitssystem, verzichtet auf Steuererhöhungen und investiert in die Entwicklung von Recyclinganlagen, die regenerative Energie und den öffentlichen Nahverkehr.

Nahrungsüberschüsse oder fossile Brennstoffe werden exportiert oder bei Bedarf eingekauft. Dabei behält man das Bevölkerungswachstum im Auge und die eigene Popularität. Und schon ist man auf dem besten Wege, Nordamerika oder Europa, Asien oder Australien in ein florierendes Öko-Unternehmen zu verwandeln.

Vielleicht sollten sich auch Politiker wie Barack Obama einmal mit dem Spiel "Öko Simulator: Projekt Grün" vom Berliner Spielepublisher Halycon Media beschäftigen.

Simuliere das Weltklima

Immerhin hat man beim Spielen den Eindruck, es ließe sich auf diesem Planeten tatsächlich noch etwas zum Guten wenden, wäre nur der Mut da, die Weichen zu stellen. Angesichts von Katastrophen wie im Golf von Mexiko und der drohenden Gefahr des Klimawandels tut ein wenig Optimismus ja gut.

Optimismus zu verbreiten scheint tatsächlich eines der Ziele des Spiels. Sonst hätten die Entwickler vermutlich nicht auf die comicartige Darstellung, ähnlich der bei Sim City oder Civilisation, gesetzt. Auf dem Monitor rotiert unser Planet mit seinen Bergen, Wäldern und Großstädten und mit einem Mausklick lässt sich an den dafür vorgesehenen Stellen die Infrastruktur verändern.

Schwerter zu Windkraftwerken

Allerdings unterscheidet sich das Ziel von üblichen Strategiespielen. Denn hier geht es nicht um den Aufbau von Städten und die Verteidigung oder Eroberung von Land, weshalb zum Beispiel der Aufbau von Armeen keine Rolle spielt.

Vielmehr setzt man verschiedene, nach und nach zu entwickelnde Kraftwerke, Fabriken, Recyclinganlagen, Mülldeponien und Bauernhöfe in die Landschaft - und hofft, dass man damit nicht den ständig drohenden Unmut der furchtbar sensiblen Umweltaktivisten anfeuert oder die lokale Bevölkerung gegen sich aufbringt.

Und statt in bessere Waffen oder Wehr zu investieren, führt man eine Kohlendioxid-Steuer ein, und lässt die Wissenschaftler über Solarzellen und Windkraftwerke forschen. Jede abgeschlossene Entwicklung eröffnet neue Möglichkeiten - solange die eigene Bevölkerung nicht meutert.

Treffen auf dem Klimagipfel

Regelmäßig trifft man sich darüber hinaus mit den Vertretern der anderen Kontinente auf einem Klimagipfel und bespricht, wie viel Prozent des CO2-Ausstoßes man in den nächsten Jahren einsparen will.

Wenn alles gut läuft - und natürlich läuft es nur gut, wenn man möglichst wenig auf Kohle, Öl, Steuersparen und Fischtrawler setzt - dann sinkt der CO2-Balken unter das erlaubte Limit, der Klimawandel wird abgewendet und alle sind glücklich.

Warum ein anderes Spiel empfehlenswerter ist

Die Idee hinter dem Spiel dürfte die besonders Umweltbewussten unter den Computerspielern begeistern. Und es ist zu hoffen, dass der eine oder andere Gamer es für eine echte Alternative hält, die Welt einmal nicht vor Aliens, Nazis oder Terroristen, sondern vor uns selbst zu retten.

Öko Simulator: Projekt Grün

Chemieunfälle sind im Spiel eine Katastrophe - die Grafik in vielen Teilen aber auch.

Weniger angetan werden erfahrene Spieler allerdings von der Grafik sein. Wälder, Berge und Städte sind grob strukturiert, die zu installierenden Anlagen stehen wohl eher symbolisch für die Art und Weise, wie der Spieler mit dem Planeten umgeht.

Die Übersicht über die verfügbaren Ressourcen, ihren Wert und ihr Verhältnis zueinander erschließt sich nicht gerade intuitiv. Passend zu den manchmal auftretenden Katastrophen wie Tsumanis oder Stromausfällen wirkt die scherenschnittartige Darstellung derselben katastrophal überholt.

Sinkende Steuern, schlechteres Klima

Besonderen Wert haben die Entwickler auf die Möglichkeiten gelegt, die Energiewirtschaft und die Steuern zu kontrollieren. Die Betonung der energie- und steuerpolitischen Aspekte lässt andere wichtige Faktoren wie Überbevölkerung, Kriege und Konflikte in den Hintergrund treten.

Das funktioniert nur bei der extrem unrealistischen Ausgangssituation, dass ein einziger Mensch ganze Kontinente vollständig kontrolliert: In der Realität sind diese in Länder zersplittert, die oft entgegengesetzte Interessen verfolgen.

So vermittelt das Spiel einen Eindruck der Zusammenhänge und schärft vielleicht das Bewusstsein für die Notwendigkeit regenerativer Energien. Das Gefühl, man hätte jetzt verstanden, wie sich die Erde in der Realität retten ließe, kommt aber nicht recht auf, auch wenn am Ende die Vertreter aller Kontinente sich gegenseitig dafür gratulieren können, den Klimawandel erfolgreich bekämpft zu haben.

Ein digitalisiertes Brettspiel

Wer auf spielerische Weise den gesamten Planeten retten möchte, der kann dies mit Hilfe des relativ preisgünstigen "Öko Simulator: Projekt Grün" versuchen.

Wer allerdings einen realistischen Eindruck vom Zusammenspiel von Faktoren wie Produktion, Umweltbelastung, Aufklärung, Lebensqualität, Vermehrungsrate und Politik innerhalb eines Landes gewinnen möchte, dem sei das teurere Spiel ecopolicy empfohlen.

Die Umsetzung des ursprünglich als Brettspiel konzipierten Ökolopoly wurde von Frederic Vester bereits 1980 entwickelt, einem Kybernetiker und Pionier im Bereich des vernetzten Denkens. Im vergangenen Jahr ist ecopolicy als Spiel auf DVD neu aufgelegt worden.

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