Steve Jobs und sein Unternehmen:Der Apple-Kult

Der Fall Steve Jobs zeigt: Ein Unternehmen sollte sich nicht ganz auf einen Menschen hin ausrichten.

Ulrich Schäfer

Die Börse kann grausam sein. So grausam wie bei Adolf Merckle. Als bekannt wurde, dass der schwäbische Unternehmer sich vor den Zug geworfen hat, verlor die Aktie seines Unternehmens Heidelberg-Cement binnen weniger Stunden mehr als zehn Prozent. Die Anleger glaubten, dass Merckles Firmenreich ohne Merckle nicht überleben kann. Denn der Familienunternehmer war der Kopf eines verzweigten Imperiums, dessen wahre Bedeutung nur er verstand.

Steve Jobs und sein Unternehmen: Steve Jobs: Der Mann, der vor 22 Jahren einen der ersten Computer für den Hausgebrauch entwickelte, hat etwas Magisches.

Steve Jobs: Der Mann, der vor 22 Jahren einen der ersten Computer für den Hausgebrauch entwickelte, hat etwas Magisches.

(Foto: Foto: AP)

Die Börse kann auch so grausam sein wie bei Steve Jobs. Als der Computerhersteller Apple am Mittwochabend mitteilte, dass sein kranker Chef für mindestens ein halbes Jahr ausfallen wird, gab der Aktienkurs des Unternehmens um mehr als sieben Prozent nach. Denn die Börsianer wissen, dass Jobs und Apple im Grunde eins sind: Der Computerhersteller, der längst nicht mehr nur Computer anbietet, sondern digitale Musikspieler wie den iPod, eine Medienbörse wie iTunes und Handys wie das iPhone, dieses schillernde Unternehmen ist das Lebenswerk von Jobs.

Zweifel am Gesundheitszustand

Und man kann bezweifeln, ob Apple ohne Jobs weiterhin derart erfolgreich sein wird. Wohl auch deshalb versuchen Apple und sein Gründer seit Monaten, alle Zweifel am Gesundheitszustand des Chefs zu zerstreuen. "Die Nachrichten über meinen Tod sind maßlos übertrieben", ließ Jobs auf eine Leinwand schreiben, als er vor einigen Monaten Apples neue Produkte präsentierte.

Der Mann, der vor 22 Jahren einen der ersten Computer für den Hausgebrauch entwickelte, hat etwas Magisches. Er ist nicht bloß Unternehmer. Wenn Jobs ein neues Musikgerät oder eine andere Erfindung von Apple präsentiert, liegen seine Fans ihm zu Füßen. Aus einer simplen Produktmesse, wie sie auch andere Unternehmen abhalten, wird dann ein Festival - mit Jobs als Rockstar.

Jobs ist der letzte Verbliebene einer Zeit, in der Garagen-Unternehmer zu Helden aufstiegen. Bill Gates von Microsoft, Scott McNealy von Sun Microsystems oder Larry Ellison von Oracle - sie bedienten in den 70-er und 80-er Jahren den Bedarf nach immer neuen Vorbildern. Sie untermauerten den Mythos vom Gründer, der etwas völlig Neues schafft und dadurch die Welt positiv verändert - ein Mythos, der nicht nur in Amerika ausgeprägt ist.

Auch in Deutschland gab es nach dem Krieg die Generation der großen Gründer, von Grundig über Neckermann bis zu Borgward oder eben Merckle. Gerade die Geschichte der deutschen Gründer zeigt aber auch, wie gefährlich es sein kann, ein Unternehmen allzu sehr auf einen Menschen auszurichten. Dies geht gut, solange dieser Erfolgsmensch da ist.

Ja, solch eine Symbiose von Unternehmen und Unternehmer kann - wie das Phänomen Apple beweist - in der modernen Medienwelt sogar einen sich selbst verstärkenden Prozess auslösen. Apples Produkte verkaufen sich auch deshalb so gut, weil sie Kult sind. Dank Jobs. Apple ohne seinen Gründer könnte diesen Kultstatus schnell verlieren.

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